Wadersloh (mw/bb). Es riecht nach Ton, ein wenig nach Holz. Der Brennofen läuft und durch ein kleines Guckloch kann man die lodernde Glut sehen. In einem Regal stehen Reihe an Reihe bunte Becher, Vasen und Schalen. An einem anderen Ort im Raum: Die Drehscheibe. Daneben: Jasmin Schlieper. Kein Kittel, keine Schürze. „Ich mach mich gern dreckig beim Töpfern“, sagt sie und lacht. Dann taucht sie die Hände in die Masse, die bald zu einem Becher wird. Oder auch nicht. „Man muss auch mal loslassen können“, sagt die Wadersloherin. In ihrer kleinen Werkstatt am Lechtenweg gibt es nicht nur viel gute Laune, sondern auch viele kleine (und große) Kunstwerke aus Ton!
Begonnen hat alles in einer Zeit des Stillstands: In der Quarantäne zur Corona-Zeit bestellte sich Jasmin ein Set mit selbsttrocknendem Ton – einfach, um irgendetwas mit den Händen zu tun. Die ersten Versuche waren ernüchternd: „Das war schnell wieder kaputt, hat keinen Spaß gemacht, ich wollte es nie wieder machen.“ Aber da war auch eine wachsende Neugier. Jasmin begann zu recherchieren, sich Videos, sogenannte Tutorials, auf YouTube und Instagram anzusehen, sich mit Keramik zu beschäftigen. Und irgendwann war sie mittendrin: „Ich hab mich da einfach richtig reingestürzt.“


Das Töpfern begann zunächst ohne Drehscheibe im Aufbauverfahren: Tonplatten zusammensetzen, modellieren, immer wieder neu versuchen. Dann kam die erste Scheibe. „Das sieht so simpel aus, aber es ist so komplex“, erzählt sie, während sie fokussiert den Ton bearbeitet. Mit jedem Versuch wuchs das Verständnis, das Gefühl für das Material. Was anfangs noch eine regelrechte Schlammschlacht war, wurde mit der Zeit zu etwas anderem. „Man lebt damit, dass alles dreckig ist, aber es ist auch meditativ – wenn man’s einmal raus hat.“
Für Jasmin ist der Ton mehr als nur Material: „Man lernt, Dinge loszulassen. Gerade wenn ich größere Dinge mache, geht es nicht ums perfekte Produkt, sondern darum, sich auszuprobieren und weil es mich auch ein Stück weit stolz macht und ich dann sehen kann, dass ich an dem Punkt angekommen bin und irgendwie durchgehalten habe und dann sage: Wow, cool. Das ist richtig gut geworden. Aber eigentlich geht es nicht darum, das Produkt am Ende zu haben, sondern auch die Vielfalt auszuprobieren, was für Möglichkeiten man hat. Und das macht das Töpfern für mich auch einfach aus.“
Ton ist sogar nachhaltig und lässt sich wiederverwenden: „Solange der Ton nicht gebrannt wurde, kann man ihn immer wieder einweichen. Dann wird er auf Gipsplatten gelegt, die der Matsche die Feuchtigkeit entziehen. Nach sorgfältigem Durchkneten kann der Ton immer wieder verwendet werden.“
Ursprünglich war das alles nur für sie selbst gedacht. Doch irgendwann kamen die ersten Nachfragen aus dem Freundeskreis: Kannst du was für einen Geburtstag machen? Und dann ging es los. Gemeinsam mit ihrer Schwester Bella, die Schmuck herstellt, entstand ein kleiner Verkaufsschrank. Ein Familienprojekt. Die Resonanz war durchweg positiv, auch online auf Instagram. „Ich hatte erst Sorge, ob Leute den Preis zahlen, weil’s eben aufwendig ist. Aber ich erfahre so viel Wertschätzung – auch für den Prozess, nicht nur das fertige Produkt.“
Kreatives Werkstattleben: Ein Raum mit Geschichte … und zum Ausleben
Der Ort, an dem all das entsteht, hat seine ganz eigene Geschichte. Es ist eine alte Holzwerkstatt, die ihrem Vater Winfried gehörte. Erst war es nur eine Garage, dann ein Raum – heute ist es Jasmins kreatives Zuhause. Zwischen Schlammschlacht und meditativer Stille formt Jasmin Schlieper aus kleinen Klumpen Ton Tasse für Tasse kleine Glücksmomente. „Viele nennen es Studio oder Atelier, aber für mich ist es eine Werkstatt. Ich will mich hier nicht umziehen oder Schürze tragen. Ich will einfach loslegen, mir auch mal die Hände an der Hose abwischen können.“










„Das Töpfern ist ein sehr großer Bestandteil in meinem Leben geworden. Ich mache es dann auch öfter mal, dass ich nach Hause fahre, in Ruhe zu Abend esse, mir ein bisschen Zeit nehme und dann wiederkomme und dann ein wenig bewusster hier in der Werkstatt bin. Für mich bleibt das hier eine Werkstatt, weil ich finde, dass es den Räumlichkeiten gerecht wird. Ich ziehe keine Schürze an, wenn ich töpfere. Ich mache mich dann gerne dreckig. Und ich zelebriere das auch gerne, einen solchen Raum zu haben, wo man sich einfach kreativ ausleben kann.“
Inspiration findet Jasmin überall: auf Spaziergängen, in Farbkombinationen, in Mustern. „Ich seh eine Blume und denke: Die nehm ich als Stempel.“ Oft beginnt sie ohne festen Plan – einfach machen und schauen, was sich ergibt. Ihre Bestseller sind Kaffeetassen, mit oder ohne Henkel. Letztere wünscht sie sich manchmal häufiger – „weil Henkel halt einfach aufwendig sind“, sagt sie und lacht.
Weil viele Menschen sie auf Märkten angesprochen haben, gibt Jasmin inzwischen auch Töpferkurse. Erst hat sie gezögert, aber dann gemerkt, wie viel Freude es macht, andere mit ihrer Begeisterung anzustecken: „Wenn ich jetzt schon solche Räumlichkeiten habe, ist es auch schön, Leute daran teilhaben zu lassen und so ein bisschen mitzunehmen und auch die Möglichkeit zu geben, mal eine ähnliche Erfahrung zu erleben.“
Ihr Motto: „Was soll schon passieren?“ – „Es ist auch ein Prozess vielleicht, oder etwas, was sich entwickelt hat: Das Loslassen, aber gleichzeitig auch keine Angst davor zu haben, dass was schiefgeht. Das darf passieren! Sich zu trauen, einfach mal was auszuprobieren und sich gar nicht so viel damit zu beschäftigen, was am Ende rauskommt, sondern auch viel darauf zu achten, was während des Prozesses mit einem passiert und ob einem das guttut. Was man für Erfahrungen sammelt. Das würde ich anderen mit auf den Weg geben.“
Hier geht es zur Internetseite von „Tonwerke Handgemacht“ und auf Insta findet ihr Jasmin hier.
Fotos/Text: B. Brüggenthies