Wadersloh (mw/bb). Die Pfarrkirche St. Margareta lag am Samstagmorgen noch im Nebel. So ungefähr muss es sich 1975 angefühlt haben, als die drei Ortschaften Wadersloh, Diestedde und Liesborn im Zuge der kommunalen Neuordnung zur neuen Großgemeinde Wadersloh wurden. Nebelschleier und Ungewissheit sind fünf Dekaden später verflogen: Längst ist die Gemeinde Wadersloh ein großes und starkes Ganzes. Mit dem Festakt zum goldenen Gemeindejubiläum fand der Festreigen zu „50 Jahre Gemeinde Wadersloh“ seinen Auftakt – wie könnte es anders sein – im Rathaus.
Lebendig, heiter und energisch: Was könnte besser zu einem Gemeindejubiläum passen als Haydns Klavier-Sonate in C-Dur no. 50, mit Leichtigkeit vorgetragen von Pianist Benyamin Nuss am Kurzflügel. Der musikalische Auftakt zur Feststunde mit zahllosen Ehrengästen leitete zum Grußwort von Bürgermeister Christian Thegelkamp über. Zwei Bundestagsabgeordnete, eine NRW-Ministerin, ein Landrat, ein Landtagsabgeordneter, mindestens ein halbes Dutzend Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Nachbarkommunen, Delegationen aus den französischen Partnergemeinden und königlicher Besuch von Faulungens Muskönigin Maria Klotz, ehemalige und amtierende Ratsmitglieder, Vertreterinnen und Vertreter Wadersloher Vereine: Die Ehrengästeliste war lang! So wie auch die Redeminuten der Festansprachen.
Die junge Gemeinde trotzte dem anfänglichen Widerstand
Bürgermeister Christian Thegelkamp eröffnete den Festakt mit Ausführungen zu „Die Gemeinde Wadersloh: Ein Rückblick nach vorn!“ und thematisierte die Bedeutung der kommunalen Gebietsreform, die vor 50 Jahren die Gemeinden Diestedde, Liesborn und Wadersloh vereinte. Er hob die Herausforderungen und Widerstände dieser Zeit hervor, betonte jedoch die erfolgreiche Integration der Ortsteile zu einer lebendigen Gemeinschaft. Kritiker sahen vor einem halben Jahrhundert „den Verlust von Identität, Gemeinschaftsgefühl und lokaler Verbundenheit“. Dies sollte sich nicht bewahrheiten. Die Gebietsreform konnte am Ende reibungslos umgesetzt werden. „Und so blicken wir heute, 50 Jahre später, auch in unserer Gemeinde Wadersloh nicht auf etwas zurück. Und das ist mir ganz besonders wichtig, das hier heute Morgen zu sagen, was verloren ging, sondern auf das, was seitdem an Neuem erwachsen ist. In unserer Gemeinde ist seitdem eine vitale Gemeinschaft entstanden, die sich trotz der Veränderungsprozesse in der Übergangszeit ihrer Vielfalt kraftvoll bewusst ist und die daraus auch enorme Stärke zeugt„, bilanzierte der Verwaltungschef.
Mit Dank an die damaligen Entscheidungsträger und das heutige Engagement der Bürgerinnen und Bürger würdigte er die Vielfalt und den Zusammenhalt der Gemeinde, die Tradition und Fortschritt miteinander verbinde. Abschließend unterstrich er, dass die gemeinsame Identität und Zusammenarbeit die Grundlage für eine positive Zukunft bilden.
Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) rief zur aktiven Mitgestaltung bei Veränderungen auf
Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, stellte die Herausforderungen für Kommunen in der aktuellen Zeit in den Mittelpunkt ihrer Ansprache. Sie eröffnete ihre Festrede mit einem Rückblick auf technologische und gesellschaftliche Entwicklungen, die verdeutlichten, wie rasant sich die Welt verändert. Sie würdigte das Jubiläum der Gemeinde Wadersloh als Beispiel für die Herausforderungen und Chancen der kommunalen Neugliederung und betonte: „Jede Zeit hat ihre Herausforderungen. Aber das Spannende ist ja, und das obliegt uns Menschen, in der Entscheidung, ob wir darauf warten, dass wir verändert werden oder ob wir versuchen, diese Veränderungen aktiv zu gestalten.“
Mit Blick auf die aktuellen Aufgaben der Kommunen, darunter Digitalisierung, Klimaanpassung und finanzielle Prioritätensetzung, hob Scharrenbach hervor: „Digitalisierung muss immer mit einem Mehrwert verbunden sein.“ Sie mahnte zudem, in Zeiten digitaler Veränderung besonderen Schutz für Kinder zu gewährleisten und rief dazu auf, die Zukunft durch kluge Entscheidungen positiv zu gestalten – sei es in der Politik, der Familie oder der Gesellschaft.
Im Anschluss an die rund 30-minütige Ansprache erfolgte die Eintragung der Ministerin in das „Goldene Buch“ der Gemeinde Wadersloh.
Landrat Dr. Gericke (CDU) würdigt gute Zusammenarbeit
Landrat Dr. Olaf Gericke würdigte in seiner Rede das 50-jährige Bestehen der Gemeinde Wadersloh und betonte die zentrale Rolle der Kommunen: „Die Politik in unserer Demokratie wird zunächst vor Ort gemacht.“ Er hob hervor, dass Gemeinden als Orte der Stabilität und Identifikation von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen werden und hier wichtige Themen wie Kita, Schule, Sicherheit und soziale Integration im Fokus stehen.
Mit Beispielen wie der erfolgreichen Fusion der Sparkassen im Kreis Warendorf und dem Museum Abtei Liesborn verdeutlichte er, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Kreis und Gemeinde funktioniert. Dr. Gericke ging auch auf aktuelle Herausforderungen ein, darunter Klimaanpassung und die Nutzung moderner Technologien, wie künstlicher Intelligenz zur Hochwasserprävention.
Zum Abschluss überreichte er als Symbol für die Zukunft eine Stieleiche und betonte deren Bedeutung: „Noch sind die Bäume klein, aber sie werden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit alle überleben, die hier sitzen.“ Mit dem Versprechen, gemeinsam weitere 49 Bäume zu pflanzen, unterstrich er den gemeinsamen Einsatz für kommende Generationen.
Kommunale Neugliederung ist eine Erfolgsgeschichte
Altbürgermeister Herbert Gövert blickte in seiner Rede mit einem Rückblick auf die vergangenen 50 Jahre der Gemeinde Wadersloh und deren Entwicklung. Als Zeitzeuge der kommunalen Neugliederung schilderte er Anekdoten und Herausforderungen dieser Zeit, insbesondere die Skepsis und den starken Eigenständigkeitsgedanken der einzelnen Ortsteile.
Er würdigte die Zusammenarbeit zwischen Rat, Verwaltung und Bürgern, die Wadersloh zu einer lebendigen Gemeinschaft geformt habe: „Wenn man die einzelnen Entscheidungen unserer Gemeinde wie bei einem Puzzlespiel zu einem bunten Mosaikbild zusammenfasst, muss man feststellen, dass diese kommunale Neugliederung eine Erfolgsgeschichte geworden ist.“ Gövert hob bedeutende Projekte hervor, wie den Bau des Zentralklärwerks, die Erweiterung des Museums Abtei Liesborn, die Verbesserung der Infrastruktur und die Einführung der Ehrennadel für ehrenamtliches Engagement.
Zum Abschluss betonte er die Notwendigkeit, die geschaffene Infrastruktur zu erhalten und die Gemeinde Wadersloh zukunftsfähig zu gestalten. Mit einem Zitat der westfälischen Heimatdichterin Clara Berning und dem Appell „Packen Sie alle mit an wo es sein kann. Und wir werden uns in Wadersloh auch weiterhin wohlfühlen und zufrieden sein. Glück auf, Wadersloh!“ rief er dazu auf, weiterhin gemeinsam für die Entwicklung und das Wohl der Gemeinde zu arbeiten.
Umorientierung zu einer Gemeinschaft brauchte ihre Zeit
Ratsmitglied a.D. Wilhelm Weinekötter (FDP) eröffnete die letzte Festrede des Tages mit einem Rückblick auf die Geburtsjahre der Gemeinde Wadersloh und reflektierte über seine über 50-jährige ehrenamtliche Tätigkeit als Zeitzeuge der kommunalen Neugliederung. Er erinnerte an die Herausforderungen und Konflikte, die die Gebietsreform mit sich brachte: „Die Umorientierung von einem Sonderbewusstsein zu einer Gemeinschaft unter Wahrung der bisher gelebten Identität brauchte ihre Zeit.“
Detailreich schilderte er die Entwicklung Waderslohs, darunter den Bau des heutigen Rathauses, die Modernisierung der Infrastruktur und die Errichtung von Verkehrswegen wie der B58. Er betonte die Bedeutung der ländlichen Umgebung. Besondere Erwähnung fand die erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb der politischen Gremien und die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements. In Bezug auf die kulturellen und internationalen Verbindungen sagte er: „Die Gemeindepartnerschaften […] sind ein Ausdruck lebendiger Freundschaft und geschichtlicher Verbundenheit.“
Weinekötter schloss mit einer Vision für die Zukunft, in der die Gemeinde weiterhin Fortschritt und Tradition verbindet, und lobte die Leistungen der letzten 50 Jahre: „Wadersloh hat sich durch das Engagement vieler Menschen zu einer lebendigen Gemeinschaft entwickelt, die es verdient, gefeiert zu werden.“
Nach den teilweise sehr ausführlichen Redebeiträgen oblag es Benyamin Nuss die inhaltliche Klammer des Festakts musikalisch zu schließen. Gut gewählt war hier Gershwins „The Man I love“: optimistisch, mit einer Prise Melancholie, an erster Stelle aber hoffnungsvoll, mit Blick auf eine gute Zukunft: herzlichen Glückwunsch, Gemeinde Wadersloh!
Fotos/Text: B. Brüggenthies
Sie können diesen Beitrag ohne Zahlschranke lesen, weil Menschen in Wadersloh, Diestedde, Liesborn einen solidarischen Beitrag zur Refinanzierung von MEIN WADERSLOH leisten. Für die Erstellung dieses Beitrags sind 6,5 Arbeitsstunden angefallen. Bitte unterstützen Sie den Lokaljournalismus für Wadersloh und werden Sie Unterstützer*in, damit es Nachrichten aus Wadersloh „made in Wadersloh“ auch künftig geben kann.