Oelde (mw/bb). In Wadersloh und Liesborn wird um eine Hofanlage im Außenbereich diskutiert, in der Nachbarstadt Oelde geht es um ein anderes „stilles Örtchen“: Die geplanten sanitären Anlagen unter dem Dach eines Anbaus der St.-Johannes-Kirche sorgen dort aktuell für Gesprächsstoff.
Darum geht es: Die Kath. Kirchengemeinde St. Johannes plant gemeinsam mit der Stadt Oelde eine Umgestaltung des Anbaus der St.-Johannes-Kirche, die mehr Barrierefreiheit und zusätzliche Wickelmöglichkeiten in der Innenstadt schaffen soll. Das Projekt, das 90.000 EUR teurer ist als eine alternative Lösung, bietet jedoch deutlich mehr, sind sich die Befürwortenden des Projekts sicher: Es beinhaltet u.a. ebenerdige sanitäre Anlagen, die auch Menschen mit Gehbehinderungen zugänglich sind.
Einige Kirchenmitglieder sammeln derzeit Unterschriften gegen das Vorhaben. Ratsmitglied Kerstin Horstmann und Bürgermeisterin Karin Rodeheger betonen jedoch die städtebaulichen Vorteile und den höheren Nutzen des Projekts für alle Bürger und Gäste der Stadt. Ein Problem: Ohne den Umbau gibt es derzeit keine alternative Lösung für eine barrierefreie Toilette in der Innenstadt. Die Kirche hat das Projekt aufgrund des möglichen Bürgerbegehrens vorerst gestoppt. Nun wird mit einem erheblichen Zeitverzug für eine Umsetzung gerechnet.
Vertreterinnen der Vertreter der Stadt und der Kirchengemeinde werden an den kommenden Freitags-Markttagen auf dem Marktplatz mit einem Infostand zugegen sein und über Projekt informieren.
Die Pressemitteilung im Wortlaut:
„Für 90.000 EUR mehr deutlich höheren Nutzwert“
Bei einem Pressetermin erläuterten die Kath. Kirchengemeinde St. Johannes, Bürgermeisterin Karin Rodeheger und Ratsmitglied Kerstin Horstmann die Planungen zur Umgestaltung des Anbaus der St.-Johannes-Kirche.
Gegen die Planung, die in den Kirchengremien einstimmig verabschiedet worden war, regte sich Widerstand bei einzelnen Kirchenmitgliedern. Aktuell sammeln Initiatoren Unterschriften, um ein Bürgerbegehren gegen das Projekt auf den Weg zu bringen.
„Die Diskussion ist in meinen Augen deutlich verkürzt. Der Vorschlag der Initiatoren sieht lediglich ein einziges WC vor, das allein schon 160.000 EUR kosten soll. Unser Projekt mit der Stadt kostet zwar 90.000 EUR mehr, aber es bietet auch ungleich mehr: Wir schaffen ebenerdige sanitäre Anlagen für alle Menschen mit Beeinträchtigungen, also auch für Personen, die auf einen Rollator angewiesen sind, und die Stufenanlage am Objekt „Am Markt 8“ nicht überwinden können. Diese Personen dürfen nämlich das Behinderten-WC nicht nutzen, da sie in der Regel nicht über einen Euro-Schlüssel verfügen“, erläutert Martin Brockschnieder, Mitglied im Kirchenvorstand. Auch Eltern hätten nach der Umgestaltung erstmals die Möglichkeit, Wickelmöglichkeiten in der Innenstadt zu nutzen.
Kerstin Horstmann, Ratsmitglied und als Rollstuhlfahrerin selbst Betroffene, begrüßt die Planungen. Sie hatte sich in den vergangenen Jahren mehrfach für mehr Barrierefreiheit in der Innenstadt eingesetzt. „Diese Lösung wird allen Innenstadtbesuchern gerecht und sie ist unter städtebaulichen Aspekten die eindeutig bessere Lösung. Es entsteht kein Fremdkörper in der Innenstadt“, so Horstmann. Außerdem finde sie es problematisch, wenn Betroffene beim Aufsuchen des von den Initiatoren favorisierten separaten WC-Containers wie auf dem „Präsentierteller“ unter öffentlicher Beobachtung stünden.
Bürgermeisterin Karin Rodeheger bedauert die gegenwärtige Diskussion. „Ich finde es schade, dass sich die Diskussion sehr auf die Toilettenanlage fokussiert. Das Konzept sieht viel mehr vor und bietet einen echten Mehrwert für die Innenstadt, für unsere Bürgerinnen und Bürger und für die Gäste unserer Stadt. Komme ich mit den Kritikern ins Gespräch und kann ich ihnen verdeutlichen, warum wir auf diese Lösung setzen, gelinge es oft, sie von der Umgestaltung zu überzeugen“, so Rodeheger.
Pastoralreferent Philipp Langenkämper gibt zu bedenken, dass die Kirche im Zuge der bundesweit rückläufigen Mitgliederzahlen gezwungen sei, neue Wege zu gehen. Auf diesem Wege habe man die Kirchenmitglieder bestmöglich mitnehmen wollen. Man wolle sich als Kirche öffnen, die neuen Räumlichkeiten stünden daher zum Beispiel auch privaten Vereinen zur Verfügung.
Dass es keinen „Plan B“ gebe, machte Kirchenvorstand Martin Brockschnieder deutlich. Komme der Zuschuss der Stadt nicht, gäbe es keine andere Nutzung für diesen Anbau. Geld, diesen für anderen Nutzungen herzurichten, sei nicht vorhanden.
Ursprünglich sollte die Umgestaltung des Umbaus im Herbst 2024 starten und in ersten oder zweiten Quartal 2025 beendet werden. Derzeit hat die Kirche die Umsetzung des Projektes wegen des angestrebten Bürgerbegehrens gestoppt.
Sollte der Umbau nicht erfolgen, gibt es für die öffentliche Toilettenanlage aktuell keine Standortalternative. Sodass bis zur Errichtung eines barrierefreien WCs in der Innenstadt wäre damit mit einem deutlichen Zeitverzug zu rechnen.
Quelle: Stadt Oelde