Wadersloh (mw/bb). Wie weit darf Wissenschaft gehen? Welche moralische Verantwortung obliegt ihr? Mit diesen tiefgründigen Fragen beschäftigte sich der Literaturkurs des Gymnasiums Johanneums in diesem Jahr. Die jungen Darstellerinnen und Darsteller ernteten für ihre Aufführung von Dürrenmatts „Die Physiker“ am 3. Juli 2024 in der Schulaula viel Anerkennung. Zuvor begeisterte man bereits am 17. Juni begeisterten auch mit der Premiere im Stadttheater Lippstadt. Der Kurs hatte ein halbes Jahr unter Anleitung von Philipp Weyer an dem Stück gearbeitet und wurde bei den Aufführungen mit langem und kräftigem Beifall belohnt.
Hintergrund: In den 1960er Jahren schrieb Friedrich Dürrenmatt „Die Physiker“ in einer angespannten Weltlage – der Kalte Krieg, das Wettrüsten und der Bau der Berliner Mauer prägten die Zeit. Mehr als sechs Jahrzehnte später sind die Themen aktueller denn je, denn Krisen wie die Corona-Pandemie, der Klimawandel und der Krieg in Ost-Europa verleihen dem Stück eine erschreckende Relevanz.
In der zweiaktigen Komödie geben sich drei Wissenschaftler in einer Nervenheilanstalt als Insassen aus: Johann Wilhelm Möbius (dargestellt von Marlon Giese), Herbert Georg Beutler alias Isaac Newton (Emma Danielczyk) und Ernst Heinrich Ernesti alias Albert Einstein (Sam Bedychai). Bald zeigt sich, dass die drei nicht verrückt sind. Möbius flieht mit vorgetäuschtem Wahnsinn vor seiner Familie, um die Welt vor seinen revolutionären Erkenntnissen (der „Weltformel“) zu schützen. Newton und Einstein verfolgen diese Formel ebenfalls und tarnen sich als Geisteskranke. Alle drei erdrosseln ihre Krankenschwestern, als diese ihren wahren Absichten auf die Spur kommen. Das Ensemble glänzt in seinen Rollen, besonders Marlon Giese als Möbius, der mit seiner Darstellung beeindruckte. Der Literaturkurs bereicherte die Komödie mit humorvollen Einlagen.
Im zweiten Akt wurde die Diskussion um Wissenschaft und moralische Verantwortung weiter vertieft. Doch auch hier fehlt es nicht an humorvollen Momenten, wie beim Duell zwischen Beutler und Ernesti, bei dem Möbius einen Löffel als Waffe zückt. Die Physiker entscheiden schließlich, in der Anstalt zu bleiben und Möbius’ zerstörte Erkenntnisse nicht mit der Welt zu teilen. Doch die Anstaltsleiterin, Fräulein Mathilde von Zahnd (an diesem Tag gespielt von Randi Holtmann), hat alles vervielfältigt. Möbius endet mit den Worten: „Was einmal gedacht wurde, kann wohl wirklich nicht mehr zurückgenommen werden.“
Das Publikum, rund 90 Zuschauer, zeigte sich begeistert und spendete insgesamt 390 Euro, die der Abi-Kasse und dem Literaturkurs zugutekommen.
zus. Fotos: K. Joswig, zus. Quelle: Gymnasium Johanneum