Münster (mw/bb). Ein Fall sexuellen Missbrauchs durch einen Priester hatte die Kath. Pfarrei 2019 erschüttert und zu heftiger Kritik am Vorgehen des Bistums Münster geführt. Nun hat der Vatikan in Rom nach Einspruch des Beschuldigten die Dekrete aufgehoben.
Der Vorfall geht auf die Mitte der 1980er Jahre zurück, als eine Frau angab, als Kind von einem Priester missbraucht worden zu sein. Sie bat, dass der Vorfall nicht öffentlich gemacht und die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet werde. Der beschuldigte Priester, der seit 2010 als emeritierter Pfarrer in St. Josef in Bad Waldliesborn tätig war, wurde von der Glaubenskongregation angewiesen, nur eingeschränkte seelsorgliche Tätigkeiten auszuüben. Trotz des Verbots feierte er weiterhin öffentlich Gottesdienste, was zu erneuten Interventionen des Bistums führte.
Im Jahr 2019 verschärfte Bischof Felix Genn die Einschränkungen und versetzte den Priester endgültig in den Ruhestand. Gegen diese Maßnahmen legte der Priester Beschwerde beim Dikasterium für den Klerus (Anm. d. Red.: Dikasterien in der Röm.-Kath. Kirche können Entscheidungen treffen, die kirchenrechtlich bindend sind, und sie spielen eine wichtige Rolle bei der Verwaltung und Regulierung kirchlicher Angelegenheiten) ein, welches die Verschärfung und Ruhestandsversetzung als unbegründet aufhob. Das Dikasterium forderte jedoch, dass weiterhin Auflagen bestehen bleiben, die die Tätigkeiten des Priesters einschränken, jedoch nicht so weitreichend wie 2019 angeordnet.
Dr. Klaus Winterkamp, Generalvikar des Bistums Münster, informierte die Gemeindemitglieder in den aktuellen Pfarrnachrichten der Pfarrei St. Margareta über die aktuelle Einigung mit dem Priester. Dieser wird rückwirkend zum 1. März 2020 in den Ruhestand versetzt. Die ursprünglichen Dekrete von 2012 und 2017, die dem Priester nur eingeschränkte seelsorgliche Tätigkeiten erlauben, bleiben in Kraft. Der Priester darf Gottesdienste nur im familiären Bereich sowie in Altenheimen und Schwesternhäusern feiern, und auch nur mit Zustimmung des Ortspfarrers oder Kirchenrektors.
Das Bistum betonte, dass keine Rehabilitation des Priesters vorliegt und der Missbrauch weiterhin nicht in Zweifel gezogen wird. Trotz der kritischen Stimmen aus der Gemeinde über das Vorgehen des Bistums, ist die aktuelle Regelung alternativlos aufgrund der kirchenrechtlichen Entscheidung des Dikasteriums für den Klerus. Das Bistum habe sich nach eigener Aussagen bemüht, die Gemeindemitglieder transparent und umfassend über den Fall zu informieren. Bei weiteren Fragen können sich die Gemeindemitglieder an die Interventionsstelle des Bistums wenden. Ansprechpartnerin ist Frau Kapteina E-Mail: kapteina@bistum-muenster.de.
Fotos/Text: mw/bb.
Die Mitteilung des Generalvikars Dr. Klaus Winterkamp im Wortlaut
Mitteilung des Generalvikars Dr. Klaus Winterkamp zum aktuellen Stand hinsichtlich eines Priesters aus unserer Pfarrei, der einen sexuellen Missbrauch begangen hat [veröffentlicht in den Pfarrnachrichten der Pfarrei St. Margareta, Ausgabe 12/2024, ext. Link]
Liebe Gemeindemitglieder,
heute möchte ich Sie über den aktuellen Stand in Zusammenhang mit einem Fall sexuellen Missbrauchs informieren, der vor viereinhalb Jahren Ihre Pfarrei erschüttert hat. Es gab damals zu Recht eine massive Kritik am Vorgehen des Bistums. Diese entzündete sich insbesondere daran, dass wir es als Bistum versäumt hatten, den Pfarrer, das Seelsorgeteam, die Gremien und auch die Gemeinde insgesamt über die Missbrauchstaten eines Priesters, der seit 1988 als Pfarrer in Bad Waldliesborn tätig war und seit der Zusammenlegung der Gemeinden im Jahr 2011 als emeritierter Pfarrer zur Pfarrei St. Margareta Wadersloh gehörte, zu informieren. Bischof Felix war damals zwei Mal vor Ort in Bad Waldliesborn und Wadersloh, hat seine Fehler eingeräumt und um Entschuldigung gebeten.
Der Bischof sprach sich damals dafür aus, die bereits erlassenen Dekrete aus den Jahren 2012 und 2017, die die Tätigkeiten des Priesters einschränkten, zu verschärfen und zu präzisieren. Das hat der Bischof 2019 getan. Zudem hat er den Priester unmittelbar in den Ruhestand versetzt. Gegen die Verschärfung des Dekrets, das dem Priester die Zelebration nur noch in Privaträumen und mit maximal drei Teilnehmern erlaubte, sowie gegen die Versetzung in den Ruhestand hat der Priester beim Dikasterium für den Klerus in Rom (das ist die Behörde, die Angelegenheiten klärt, die Kleriker betreffen) Rekurs (Beschwerde) eingelegt. Dieses Rechtsmittel ist im Kirchenrecht (ähnlich wie im staatlichen Recht) vorgesehen.
Nun liegt die Entscheidung des Dikasteriums für den Klerus vor. Diese hat zwei Facetten: Das verschärfende Dekret von 2019 und die damalige Versetzung in den Ruhestand werden „wegen rechtlicher und sachlicher Unbegründetheit“ aufgehoben. Zugleich fordert das Dikasterium für den Klerus Bischof Felix auf, auf Grundlage der Dekrete von 2012 und 2017 zu einer Einigung mit dem Priester zu kommen. Das heißt vereinfacht und auf den Punkt gebracht: Es wird weiterhin Auflagen geben, die die Tätigkeiten des Priesters einschränken. Diese dürfen allerdings nicht so weit gehen, wie es der Bischof 2019 angeordnet hatte. Von einer Rehabilitation des Priesters kann keine Rede sein. Der sexuelle Missbrauch wird auch vom Dikasterium für den Klerus nicht in Zweifel gezogen.
Es ist hier nicht meine Absicht, die Entscheidungen aus Rom zu kommentieren. Wie im staatlichen Recht gilt es vielmehr, das Urteil zur Kenntnis zu nehmen und die damit verbundenen Konsequenzen zu ziehen. Von daher haben wir in den vergangenen Wochen mit dem Anwalt des Priesters „verhandelt“ und nun eine Einigung erzielt, über die ich Sie hiermit informieren möchte. Konkret gilt:
- Der Priester, der heute im Erzbistum Köln lebt, wird rückwirkend zum 1. März 2020 (dann hatte er das 75. Lebensjahr vollendet) in den Ruhestand versetzt.
- Es gelten im Wesentlichen wieder die Dekrete von 2012 und 2017. Das bedeutet, dass der Priester sich hinsichtlich der Feier von Gottesdiensten auf seinen familiären Bereich sowie auf Altenheime und Schwesternhäuser beschränken muss. Hierzu bedarf es zudem der Zustimmung des Ortspfarrers bzw. Kirchenrektors auf der Grundlage der Präventionsordnung. Eine Feier von Gottesdiensten in Kirchen oder kirchlichen Veranstaltungen darf dabei nur die Ausnahme sein; sie ist nur dann möglich, wenn der Ortspfarrer bzw. Kirchenrektor zustimmt oder darum bittet und nicht mit einer größeren Öffentlichkeit zu rechnen ist.
- Der Erzbischof von Köln und der Pfarrer der Pfarrei, in der der Priester heute wohnt, werden über das Dekret informiert.
Ich kann mir vorstellen, dass Sie durchaus Anfragen an diese Festlegungen haben oder diese kritisch sehen. Der Bischof selbst hat 2019 deutlich gemacht, dass unpräzise Formulierungen in Dekreten künftig zu vermeiden sind. Angesichts der (kirchen-)rechtsverbindlichen Entscheidungen des Dikasteriums für den Klerus sind die nun getroffenen Festlegungen aber alternativlos.
Liebe Gemeindemitglieder,
uns – und insbesondere auch Bischof Felix – war es ein wichtiges Anliegen, Sie in größtmöglicher Offenheit und Transparenz über den aktuellen Stand in dem Fall zu informieren. Das tun wir zum jetzigen Zeitpunkt, weil es nun wie gesagt eine Verständigung mit dem Anwalt des Priesters gibt. Pfarrer Klüsener wurde hierüber bereits vor einigen wenigen Wochen persönlich durch die Interventionsbeauftragte informiert. Er hat dann mit dem Seelsorgeteam gesprochen. In Absprache mit ihm haben wir uns dann für diesen Informationsweg an Sie entschieden. Bevor wir Sie heute informieren, haben wir auch den Kontakt mit der betroffenen Person gesucht. Zudem haben wir den Pfarrer der Pfarrei informiert, in der der Missbrauch stattgefunden hat.
Wenn Sie noch Fragen haben und/oder Sie uns Hinweise geben möchten, gehen Sie gerne auf unsere Interventionsstelle zu. Sie erreichen Frau Kapteina am besten unter kapteina@bistum-muenster.de.
Ich hoffe, Sie im Rahmen des Möglichen umfassend und verständlich über den aktuellen Stand in diesem „Fall“ informiert zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Klaus Winterkamp
Generalvikar