Diestedde (mw/bb). Diese Weitsicht ist schon mehr als beeindruckend: Als vor mehr als 30 Jahren die Planungen für die Umversetzung eines alten Fachwerkhauses vom Hof Meier an der Oelder Straße an die Lange Straße in der Ortsmitte begann, hätte wohl kaum jemand die enorme Tragweite dieser Entscheidung vorausahnen können. Das Diestedder Backhaus ist seit Anfang der 1990er-Jahre ein Synonym für dörfliches Miteinander, Ehrenamt und Heimatpflege. Und da Dorfliebe auch durch den Magen geht, denk man in einem Atemzug auch an das herrlich-duftende Backhausbrot und manchmal an Speckbirnen, „Schmachtlappen“ (Flammkuchen) und Erdbeertorte.
Die 2. Auflage des Erdbeer-Cafés des Diestedder Heimatvereins war am Sonntagnachmittag ein Beispiel dafür, wie das Engagement des Heimatvereins über die Dorfgrenze hinaus strahlt. Die verführerisch duftenden Erdbeer-Köstlichkeiten waren ein Augenschmaus, ein Genuss und vor allem ein sonntäglicher Anziehungspunkt für unzählige Ausflügler von nah und fern. Nach der erfolgreichen Erstauflage im Vorjahr war es absehbar, dass die Heimatfreunde des Nikolausdorfes das Doppel-Jubiläums „888 Jahre Diestedde“ und 30 Jahre Backhaus feiern. Naheliegenderweise mit Torte und Käffchen! Schon um 14 Uhr säumten die Gäste das Backhaus-Areal. Zwischen Remise und Backhaus war ein Wetterschutz installiert und bot somit ausreichend Platz für einen gemütlichen Zwischenstopp samt Sonntags-Plausch im Grünen.
Im Innern des Fachwerkhäuschens hatten die Mitglieder des Heimatvereins Kuchen und Torten aufgebahrt. Innerhalb kürzester Zeit waren die Kuchenplatten leergefegt von den hungrigen Besuchenden. Dank frischer Erdbeeren und Waffeleisen, musste aber niemand mit leerem Magen nachhause gehen. Die kleineren Wartezeiten versüßten sich die Gäste mit netten Gesprächen über die Dorfwelt. Der Kaffeedurst wurde ebenso gestillt, wie der Wissensdurst. An der Remisenwand hatten die Organisatoren eine Foto-Wand mit Momentaufnahmen des Backhaus-Baus von 1994 aufgehängt. Die Zimmerleute von Weinekötter, Jupp Laukötter und mittendrin auch ein junger Werner Eckey, der sich bis heute im Heimatverein Diestedde engagiert (DieAktiv) und damals mit einer Armada an Helferinnen und Helfern das heute fast Unvorstellbare möglich machte: Die sogenannte Translozierung eines historischen Gebäudes in den Dorfkern in die Tat umzusetzen. Mit finanzieller Hilfe der NRW-Stiftung und mit unendlich viel Ehrenamtsstunden gelang das einzigartige Projekt und sollte Jahre später bei der Remise in kleinerer Form erneut gelingen.
Heute ist das Backhaus-Areal eines der Herzstücke des Nikolausdorfes. Das Dorf Diestedde ist stolz auf sein Schloss Crassenstein, den Mühlenbach, die Nikolauskirche und vor allem auch auf den dörflichen Zusammenhalt. Das Backhaus ist ein Sinnbild für die Bewahrung von liebgewonnen Traditionen. Als Vereinsheim des Heimatvereins, der Gruppe „DieAktiv“, des Plattdeutschen Krinks und als mietbare Location für kleinere (Kultur-) Veranstaltungen ist das alte Backhaus auch 30 Jahre im Dorfmittelpunkt eine unschätzbar wertvolle Investition in die Dorf-Zukunft. Als Ideenschmiede im Ehrenamt, als Ort für das Schaffen unschätzbarer Erinnerungen oder sogar als Lernort für Kinder (Palmhahnwerkstatt, Brotback-Aktionen): Das Backhaus gibt den heute so wichtigen Werten des Miteinanders ein Dach. Man kann den Entscheidern von damals nur danken für diese Weitsicht.
Fotos/Text: B. Brüggenthies