Liesborn (mw/bb). In der Region der unteren Glenne hat das jüngste Hochwasser wiederholt die dringende Notwendigkeit effektiver Hochwasserschutzmaßnahmen aufgezeigt. Ein Leserbrief der Gruppe ZIN19 adressiert diese Problematik und beleuchtet die langjährigen Mängel in der Instandhaltung der Hochwasserschutzinfrastruktur. Die Gruppe stellt die aktuelle Situation dar und weist auf den dringenden Bedarf für umfassende Maßnahmen hin, um den Schutz der Bevölkerung in diesem Gebiet zu gewährleisten.
Der Leserbrief von ZIN19 hebt die anhaltenden Probleme im Zusammenhang mit den Hochwasserereignissen an der unteren Glenne hervor. Trotz der bemerkenswerten Unterstützung durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in Notfallsituationen wird die unzureichende Wartung und Instandhaltung der Glennedeiche kritisiert, die laut ZIN19 seit fast drei Jahrzehnten vernachlässigt wurden. Die Deiche, ursprünglich auf Basis des damaligen Fachwissens errichtet, haben zwar bisher standgehalten, jedoch wurden empfohlene regelmäßige Wartungsarbeiten nicht durchgeführt, was die Stabilität der Deiche zunehmend gefährde. Der Leserbrief betont, dass diese Vernachlässigung nicht den Landwirten anzulasten sei, die sich an die Vereinbarungen halten, sondern den zuständigen Behörden, die es versäumt hätten, die erforderlichen Maßnahmen zur Deichunterhaltung und -verstärkung umzusetzen.
Der Leserbrief zitiert auch die Empfehlungen eines Hochwasserexperten, der auf die Vorteile provisorischer Maßnahmen zur Stärkung der Deichstrukturen hinweist. Die Dringlichkeit, die Bedenken der Bevölkerung ernst zu nehmen und proaktive Schritte zur Verbesserung des Hochwasserschutzes zu unternehmen, wird als zentraler Punkt hervorgehoben. Die Notwendigkeit einer klaren Zuständigkeit und die Umsetzung gesetzlich vorgeschriebener Unterhaltungsmaßnahmen werden als wesentliche Elemente für die Sicherheit der Region betont.
Der Leserbrief von ZIN19 im Wortlaut
Sorgen und Ängste der Bürger an der unteren Glenne
Wieder einmal waren die Bürgermeister von Lippstadt und Wadersloh anlässlich des letzten Hochwassers der Glenne um die Jahreswende mit sorgenvollen Mienen in verschiedenen Presseberichten abgebildet. Die beiden Kommunalpolitiker teilten die Sorgen und Ängste ihrer Bürger vor den stetig steigenden Pegelständen an der Glenne bei Cappel. Wer die vor ca. 28 Jahren gestarteten Planungen zum Hochwasserschutz hier aufmerksam verfolgt hat, erlebte ein Dèjàvu. Über die Jahre hinweg immer wieder das gleiche Bild. Angst und Sorge vor nicht zu beherrschenden Wassermassen! Feuerwehr und viele andere ehrenamtliche und freiwillige Helfer stehen parat, mobilisieren alle Kräfte. Bewundernswert! Falls die „maroden“ Dämme brechen sollten, ist dann ein hoffentlich wirkungsvoller Schutz entstanden. Das ist großartig. Die dortige Bevölkerung steht wirklich zusammen.
Kern des Problems sind die vor jetzt 28 Jahren von der Bezirksregierung als „marode“ erklärten Glennedeiche, die vormals von holländischen Fachleuten auf der Grundlage damaligen Wissens errichtet wurden und allen Hochwassern seit dieser Zeit trotzen konnten.
Natürlich werden Dämme heute anders gebaut. Neue Erkenntnisse haben auch die Architektur von Dämmen verändert. Trotzdem werden nicht alle Dämme, die in dieser Zeit errichtet wurden, geschliffen oder gänzlich neu errichtet. Im Gegensatz zu den Glennedeichen werden andere Deiche bewirtschaftet. Jeder Damm benötigt Pflege. Die Deichhöhe verringert sich bspw. durch Materialverdichtung jährlich um ca. 1 cm. Um den ursprünglich gewünschten Schutz eines Dammes aufrecht zu erhalten, sind von Zeit zu Zeit Aufschüttungen und Verdichtungen unerlässlich. Wäre man den Empfehlungen eines Gutachtens vom 9.7. 1993 gefolgt, würde die Deichkrone der Glennedeiche heute um 20 bis 30 cm höher und die Standfestigkeit besser sein. Das Gutachten spricht von notwendigen, im Abstand von mehreren Jahren durchzuführenden Profilierungsma8nahmen und bezeichnet solches als allgemeine Deichunterhaltung was nach dem Hochwasserschutzgesetz eine Pflichtaufgabe darstellt.
“Eine solche Deichunterhaltung hat man seit jetzt 28 Jahren unterlassen bzw. aktiv verhindert! (Das für Deiche unerlässliche Hüten von Schafen wurde behördlicherseits zeitweise unterbunden und wird jetzt immer noch erschwert.) Dadurch verringert sich die Standfestigkeit der Deiche von Jahr zu Jahr. Die Gefahr eines Deichbruchs erhöht sich somit von Hochwasser zu Hochwasser. Die sorgenvollen Mienen der Bürgermeister sind berechtigt, weil mit Starkregenereignissen zukünftig wohl immer häufiger zu rechnen ist und heute niemand weiß, wer im Falle eines Deichbruchs an der unteren Glenne für dadurch entstehende Schäden zu haften hat. Die Kommunen einerseits oder das Land NRW (Regierungsbezirk) andererseits, weil die gesetzlich vorgegebene Deichunterhaltung nicht erfolgte und die Zuständigkeit für die allgemeine Deichunterhaltung hier rechtlich immer noch nicht geklärt wurde.
Schuldig für diesen Zustand sind keineswegs die Bauern, die ihre existenzsichernden Flächen für die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen (Renaturierung) bisher nicht vollumfänglich zur Verfügung stellten -wie das Kommunalpolitiker manchmal in der Presse andeuten. Die Bauern halten sich an die Maßgaben des Vergleichsvertrages vom 9.2.2004. Schuldig sind allenfalls die Vertreter der Behörden, die in den letzten 28 Jahren ihre Augen vor der Langfristigkeit dieser Aufgabe verschlossen, wohl immer noch an eine baldige Umsetzung der geplanten Maßnahmen glauben und zwischenzeitlich noch nicht einmal an einer „provisorischen Deichsicherung“ Gedanken verschwendeten. Zu „provisorischen Deichsicherungen“ sagt einer der führenden NRW-Hochwasserexperten Holger Friedrich: Sand-Kies-Schüttungen aus Lastwagen brächten ein deutliches Plus, zwar nicht in der Höhe, aber bei der Standsicherheit. Das Material für die provisorischen Sicherungen auf der Rückseite der Deiche lasse sich später beim regulären Deichbau verwerten. Die Kosten für solche provisorischen Sicherungen müsse -wie bei regulären Sanierungen- zu 80 Prozent das Land tragen…..
Die Sorgen und Ängste der Bürger sollten endlich ernst genommen werden!
Für ZIN19
(Zukunft Initiative Nachhaltigkeit)
Wolfgang Kißler
Quelle: Leserbrief ZIN19 vom 05. Februar 2024, Archivfoto: mw/bb.