Wadersloh (mw/bb). Das Thema der Mülltonnen-Größen in der Gemeinde Wadersloh sorgte Ende des vergangenen Jahres in den politischen Ausschüssen des Gemeinderats für viel Diskussion. Die Politik lehnte im Dezember die Einführung einer 60-Liter-Tonne ab (Beitrag nachlesen). Die Gruppe „ZIN19“ sah sich zu einem Statement veranlasst, in dem man die Einführung einer 80-Liter-Tonne befürwortete und sich zugleich über den Vorschlag von Bürgermeister Thegelkamp wunderte, eine 60-Liter-Restmülltonne anstelle einer 80-Liter-Tonne zur Diskussion zu stellen, trotz vorheriger Ablehnung kleinerer Tonnen als 120 Liter durch die Verwaltung.
Aus der Bürgerschaft hatte es bereits den Vorschlag zur Einführung einer 80-Liter-Tonne gegeben, was das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW seinerzeit unterstützte, da die Gemeinde Wadersloh das Landeskreislaufwirtschaftsgesetz bezüglich Abfallvermeidung und -trennung nicht ausreichend umsetze, so ZIN19. Kritik wurde auch an den nicht nachvollziehbaren Ablehnungsgründen verschiedener Politikerinnen und Politiker für eine Tonne unter 120 Litern geübt.
Boris Joraschky, Ratsmitglied der FWG-Fraktion, veröffentlichte als Reaktion auf den ZIN19-Einwurf im Dezember einen Leserbrief. Darin setzt sich Joraschky kritisch mit den Aktivitäten und Ansichten der „Zukunft Initiative Nachhaltigkeit 2019“ (ZIN19) auseinander. Er stellte darin u.a. fest, dass ZIN19 wiederholt die Fähigkeiten der Verwaltung und der Ratsmitglieder infrage gestellt hätte und weist darauf hin, dass die Entscheidungsfindung auf einer sorgfältigen Prüfung von Zahlen und Fakten beruhte, und verteidigt die Entscheidungen der Verwaltung als familienfreundlich. Ebenfalls hob Joraschky hervor, dass die Gemeinde Wadersloh bereits effektive Maßnahmen zur Müllvermeidung umgesetzt habe. Beide Leserbriefe sind im Wortlaut hier zu finden.
ZIN19 reagiert mit offenem Brief auf Aussagen von Boris Joraschky
Auf die Reaktion der Aussagen von Boris Joraschky hat die Gruppe ZIN19 am 16. Januar einen offenen Brief veröffentlicht. Der Leserbrief, verfasst von Richard Streffing im Namen der Gruppe ZIN19, ist eine Antwort auf Äußerungen von Boris Joraschky. Im Kern konzentriert sich der Brief auf die Thematik rund um die Mülltonnen. ZIN19 stellt mehrere kritische Fragen: Sie hinterfragen, warum keine adäquate Kalkulation der Gebühren vorgelegt wurde, warum die Müllmenge pro Person in der Abfallsatzung 2023 nicht festgelegt wurde, und warum die Verwaltung Empfehlungen zur Mindestgröße von Restmülltonnen ignoriert.
Des Weiteren kritisiert ZIN19 erneut die Ablehnungsgründe für einen Antrag zur Bereitstellung einer 80 Liter Restmülltonne im Jahr 2022. Sie äußern auch Bedenken darüber, dass Anträge von ZIN19 von der Verwaltung nicht ernst genommen oder ungerechtfertigt abgelehnt werden.
Darüber hinaus wird bemängelt, dass die Behauptung, Anträge von ZIN19 seien nicht mehrheitsfähig, nicht der Wahrheit entspreche und dass die Verwaltung die gesetzlichen Vorgaben zur Abfallvermeidung und -verwertung nicht korrekt umsetze. Zum Abschluss lobt der offene Brief die Initiative der FWG zur Förderung von Müllreduzierung und Mülltrennung und drückt den Wunsch nach zukünftiger Zusammenarbeit aus, trotz der bestehenden Meinungsverschiedenheiten.
Der offene Brief von ZIN19 (16. Januar 2024) im Wortlaut
Ihr Leserbrief zu ZIN19, veröffentlicht unter Mein-Wadersloh.de
Sehr geehrter Herr Joraschy,
Ihr Leserbrief zu unserer Initiative bedarf einer Antwort.
Vorab, die teilweise polemischen Äußerungen und Ihre persönlichen Befindlichkeiten, die Sie in dem Brief vermitteln, bewerten wir als Ihr persönliches Problem. Eine Stellungnahme zu diesen Äußerungen, verbietet sich somit unsererseits.
Unsere Standpunkte und Fakten zu dem Thema Mülltonnen, haben wir in Leserbriefen deutlich dargelegt.
Sie haben das Gespräch mit dem Bürgermeister/Kämmerer gesucht. Wir fragen uns, warum Sie keine Informationen zu folgenden Punkten erhalten haben:
- Warum wurde die von Ratsmitgliedern geforderte und erforderliche Kalkulation der Gebühren in der Sitzung des Hauptausschusses am 5.12.2023 nicht vorgelegt? Die in der Sitzung vorgetragenen Zahlen des Kämmerers entbehrten jeglicher Grundlage.
- Warum wurde in der Abfallsatzung 2023 keine Müllmenge pro Person und Woche festgelegt? In der Abfallsatzung in 2022 waren noch 17 Ltr. pro Person und Woche festgelegt? Wie erklärt sich die erhebliche Abweichung?
- Warum unterschlägt die Verwaltung, dass die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes ein Mindestvolumen für Restmülltonnen 15 Ltr. vorschlägt und ausdrücklich darauf hinweist, dass diese Mustersatzung abzustellen ist auf die Bedürfnisse der jeweiligen Kommune?
- der Beschlussvorlage der Verwaltung zum TOP, „ Antrag Bürger aus Diestedde, Bereitstellung einer 80 Ltr. Restmülltonne“ Sitzung vom 17.8.2022 ist dokumentiert, dass die Rechtsprechung ein Mindestvolumen von unter 10 Litr. pro Person und Woche kritisch sieht. Warum gilt diese Aussage nicht für den neuen Antrag der Verwaltung? Wir gehen davon aus, dass Ablehnungsgründe für den Antrag 2022 gesucht wurden.
Ein faires partnerschaftliches Verhalten zwischen Verwaltung, Ratsmitgliedern, Bürgern aber auch gegenüber Initiativen führt zu einem guten Miteinander. Dass vermissen wir.
Ihre Aussage, dass sämtliche Anträge der ZIN19, die in der Verwaltung eingegangen sind, nicht mehrheitsfähig waren, entspricht nicht der Wahrheit.
Übrigens: Von einem Ratsmitglied wurde uns vermittelt, dass Anträge von ZIN19 „bei Seite“ geschoben werden. Wir gehen davon aus, dass dieses zutreffend ist. Vielleicht ist das der Grund, warum die meisten Anträge von ZIN19 nicht mehrheitsfähig waren.
Ist Ihnen bewusst, dass dieses äußerst bedenklich und nicht akzeptabel ist? Demokratischen Grundsätze werden verletzt und nicht eingehalten!
Ihr Wunsch, dass Windelsack für Familien mit Kindern – aber auch für Senioren – zu subventionieren sind, ist nachvollziehbar und lobenswert. Leider vergessen Sie, dass jegliche Gerechtigkeit außer Acht gelassen wird.
Um dieses zu vermeiden, hat der Gesetzgeber folgendes festgelegt:
Soziale Gebührenabschläge und die hieraus entstehenden Einnahmenausfälle bei den Entsorgungsgebühren müssen demnach komplett über allgemeine Haushaltsmittel abgedeckt werden und dürfen nicht den übrigen sozial nicht begünstigten Abfallgebührenzahlern angelastet werden.
Verwaltung und Ratsmitglieder waren sich scheinbar einig, diese Gesetzesgrundlage zu vernachlässigen.
Somit hätten Sie den Beschluss nicht fassen dürfen.
Ferner schreiben Sie, dass die Gemeinde mit 4 Ltr pro Person rechnet und dadurch dann kleinere Tonnen möglich sind. Warum haben Sie als Ratsmitglied der FWG den Antrag der Bürger aus Diestedde „Einführung einer 80 Ltr. Tonne“ oder auch dem neuen Antrag der Gemeinde Wadersloh nicht zugestimmt?
Zu Ihrer Information: Es besteht eine weitere Verpflichtung, eine kleinere Restmülltonne einzuführen. Das ergibt aus folgendem Sachverhalt:
Nach §9 Abs. 2 Satz 3 Landesabfallgesetz NRW ist eine Stadt/Gemeinde verpflichtet, über die Abfallgebühr wirksame Anreize zur Abfallvermeidung und -verwertung für die gebührenpflichtigen Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung zu setzen. (Das Schreiben des Landes liegt Ihnen vor, dass dieses bei der Gemeinde nicht umgesetzt wird).
Mit Blick auf diese gesetzliche Vorgabe muss ein Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung entsprechend der von ihm produzierten Abfallmenge mit Abfallgebühren belastet werden. Dieses ergibt sich auch aus dem kommunalabgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen darf. (Dieses Missverhältnis ist unter den genannten Bedingungen in unserer Gemeinde im hohen Maße gegeben.)
Über den Antrag der Bürger „Einführung einer 80 Ltr. Tonne“ ist noch nicht abschließend abgestimmt worden. Sie haben Gelegenheit, diese Erkenntnisse einfließen zu lassen und wir fordern Sie zum Handeln auf, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu beachten und einzufordern.
Zum guten Schluss noch folgende Hinweise:
Natürlich liegen wir nicht immer richtig, aber vielleicht ist es manchmal sinnvoll, den Rat der „weisen alten Männer“ zu berücksichtigen.
Der neue Flyer, der auf Initiative ihrer Partei ins Leben gerufen wurde, zeigt hohe Kompetenz und ist ein guter Baustein, um die Bürger auf Müllreduzierung und Mülltrennung hinzuweisen.
Wir gehen davon aus, dass der Leserbrief Ihre persönliche Meinung und nicht Meinung Ihrer Partei widerspiegelt.
Wir schätzen die FWG und würden uns auf ein gemeinsames Treffen freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Für die Gruppe ZIN19 Zukunft Initiative Nachhaltigkeit
Richard Streffing
Disclaimer
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