Wadersloh (mw/bb). Eigentlich eher ungewöhnlich: Mitten im Sommer stehen die Stühle beim Café „Miss Elly“ im Ortskern von Wadersloh seit Kurzem morgens auf den Tischen. Das beliebte Café an der Überwasserstraße im Schatten der Pfarrkirche ist ansonsten ein Treffpunkt für alle Generationen. Kinder holen sich ein Eis, Erwachsene genießen Kaffeespezialitäten. Dem Betreiber Wilhelm Karger fällt es schwer, sein Café in den Morgenstunden geschlossen zu lassen. Doch er hat keine andere Wahl. Wie in so vielen anderen Gastronomiebetrieben mangelt es an Personal. An ein Zweischichtenbetrieb ist derzeit nicht zu denken.
Die Corona-Situation scheint fast vergessen. Vor allem für die Gastronomie-Betriebe stellten die Lockdowns eine große Belastung dar. Kaum war die eine Krise überwunden, brach dann der Krieg in Osteuropa aus. Die Folge: Die Energiepreise stiegen ins Unermessliche. Nicht nur für Privathaushalte, sondern auch für Industrie und Einzelhandel. Als eine Folge aller jüngsten Krisensituationen war es zuletzt immer schwieriger Stellen zu besetzen. Der Fachkräftemangel macht auch Betrieben in Wadersloh derzeit schwer zu schaffen. „Eigentlich läuft es derzeit sehr gut. Wir haben inzwischen wieder fast die Umsatzzahlen wie vor der Corona-Zeit. Und ich würde wirklich gerne das Café auch morgens öffnen“, bedauert Wilhelm Karger den aktuellen Engpass. Einige Kunden hatten sich zuvor beschwert, dass sie bei „Miss Elly“ vor verschlossenen Türen standen. Das Personal muss sich allerdings auch um die Hotelgäste von „Hotel Karger“ kümmern. Für den Service im Café sind in den Morgenstunden keine ausreichend helfenden Hände vor Ort.
„Ein paar Aushilfen haben wir. Schülerinnen und Schüler haben uns immer schon ausgeholfen. Aber wir müssen sie selbstverständlich erst anlernen. Und sobald unsere Aushilfen die Schule abgeschlossen haben, haben Studium und Ausbildung Vorrang. Ich selbst muss mich um die Küche und die Verwaltung kümmern, sonst würde ich im Service mit anpacken“, sagt Wilhelm Karger. Hinzu kommen die externen Catering-Anfragen, wie zuletzt beim Ferienspaß. Es gibt also viel zu tun für den Gastronomiebetrieb. „In diesen Wochen kommt es natürlich erschwerend hinzu, dass aktuell noch Sommerferienzeit ist. Die Suche nach weiteren Aushilfen wird dadurch nicht leichter“, sagt Karger. Auch für Wadersloh sieht der Hotelbetreiber die Gastromiebranche im Wandel: „Momentan ist viel im Umbruch. Es ist nicht absehbar, wohin sich das alles entwickelt. Die Energiepreise bleiben ein großes Thema. Aber auch Waren sind deutlich teurer geworden. Die Erhöhung des Mindestlohns kommt ebenfalls hinzu“, bewertet Wilhelm Karger die aktuelle Lage.
„Was den Personalmangel angeht, beobachten wir auch einen Wandel in den letzten Jahren. Für jüngere Leute hat Freizeit heutzutage einen viel höheren Stellenwert. Es müssten politisch neue Anreize geschaffen werden, die vermitteln, dass sich Arbeit lohnt. Vor allem in der Gastronomie hat man einen vielfältigen Arbeitstag. Man kann sich neben dem Stundenlohn durch das Trinkgeld einen guten Verdienst aufbauen. Dazu muss man aber auch flexibel sein, denn die Einsatzzeiten richten sich nach dem Wetter und der Kundenfrequenz“, wirbt Wilhelm Karger für die Gastrobranche. „Mein Team und ich würden uns auf jeden Fall über weitere Hilfe freuen. Und vielleicht können wir dann beizeiten das Café auch wieder morgens öffnen.“
Auf vorherige Anfrage öffnet das „Miss Elly“ auch außerhalb der Öffnungszeiten. Regulär öffnet das Café momentan von 12 bis 21 Uhr.
Fotos/Text: mw/bb.