Wadersloh (mw/bb). Die Umstellung von G8 zurück auf G9 bereitet dem Schulträgerverein des Gymnasiums Johanneum Wadersloh aktuell Kopfzerbrechen. Ab dem Schuljahr 2026/2027 könnte es an der Liesborner Straße eng werden für die Schülerschaft. Der zusätzliche Raumbedarf soll durch einen Neubau abgedeckt werden. Passenderweise hatte das Land NRW seit Dezember 2022 ein entsprechendes Förderprogramm aufgelegt und könnte bis zu 85 Prozent der Baumaßnahme fördern. Allerdings tickt die (Schul-) Uhr! Bis zum 31. Juli 2023 muss der Schulträgerverein des Gymnasiums Johanneum einen Antrag auf Fördermittel stellen. Ein erster Entwurf des Architekturbüros Heitmann liegt. Die Politik ist sich aber noch nicht einig über eine Beschlussfassung. Die SPD-Fraktion sieht noch dringenden Klärungsbedarf.
In einer kombinierten Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport und des Bau-, Planungs- und Strukturausschusses wurde erstmalig am 15. Mai über das mögliche Bauprojekt am Johanneum diskutiert. Die Gemeindeverwaltung hatte gemeinsam mit der Schulleitung, Schulverein und Architekt Raimund Heitmann (Gütersloh) die Möglichkeiten einer Erweiterung vorgestellt. Demnach wird der Bau eines neuen, eingeschossigen Gebäudes östlich der Turnhalle favorisiert (im Bereich des ehemaligen Freibad-Beckens). In diesem Gebäude sollen drei Fachräume für die Naturwissenschaften („MINT“) entstehen. Die frei werdenden Räumlichkeiten im Hauptgebäude könnten zu normalen Unterrichtsräumen werden.
Das Land NRW hat Ende 2022 ein Förderprogramm von Baumaßnahmen für die G9-Einführung aufgelegt, welches sich speziell an sogenannte „Ersatzschulen“ richtet, also für das Johanneum grundsätzlich infrage käme. Nach Vorgesprächen mit der Bezirksregierung käme die Privatschule für die Förderung sehr wahrscheinlich infrage. Voraussetzung ist, dass bis Ende Juli 2023 ein Förderantrag seitens des Schulträgers gestellt werden muss. Da der Schulträgerverein keine finanziellen Mittel für den benötigten Eigenanteil von 15 Prozent aufbringen kann, muss die Gemeinde Wadersloh als Eigentümerin diesen Anteil übernehmen. Die Kosten für den Neubau und die Ausstattung würden sich nach der Kalkulation des Architekten auf rd. 1,65 Mio. Euro belaufen. Umgesetzt werden müsste der Neubau bis zum Stichtag 1. August 2026.
SPD möchte mehr Zeit für eine Entscheidung
Nach den intensiven Beratungen am 15. Mai wurde im Hauptausschuss am 31. Mai weiter diskutiert. Bürgermeister Thegelkamp zeigte sich zunächst zuversichtlich, dass man etwas „Drive“ in die Sache bekommen konnte und den wichtigen Bereich der Naturwissenschaften lokalisiert hat. Zugleich begrüßte er das zu erwartende „sehr maßvoll reduzierte“ Investitionsvolumen“ durch die mögliche Förderung in großen Teilen. Er sprach zudem kurz die Beförderungs- und Parkplatzsituation an, die weiter im Gespräch sei. Nach der Vorstellung der ersten Pläne und Kostendiskussion in den Ausschüssen, sieht die Beschlussvorlage die Erteilung des Auftrags an die Verwaltung vor, eine Planung für die favorisierte Erweiterungsvariante zu erstellen und im Bauausschuss (19. Juni) und Rat (21. Juni) zur Abstimmung zu stellen, so dass der Schulträgerverein zum Stichtag 31. Juli einen Förderantrag an die Bezirksregierung stellen kann. Nach dem etwaigen Eingang eines Förderbescheids soll der Gemeinderat endgültig über das Projekt entscheiden.
Für Anne Claßen (SPD) ist die „Zeitachse nicht tragbar„. Man habe sich seitens der SPD zuletzt dafür eingesetzt, dass man bei Bauprojekten mit hohen Investitionssummen immer mindestens zwei Entwürfe vorgelegt haben möchten, um eine Wahl bei der Entscheidung zu haben. Man könne deswegen keine Zustimmung erteilen.
Rudi Luster-Haggeney (CDU) sprach dem Schulverein seinen Dank aus für die schnelle Bearbeitung aus. Man werbe seitens der Gemeinde mit einem kompletten Schulangebot und habe bereits 4 Mio. Euro in den Grundschulverbundstandort und 9 Mio. Euro in die Sekundarschule investiert. Auch bei der Privatschule sei man zumindest mit im Boot und man freue sich, das Projekt zu unterstützen. Den Entwurf bezeichnete er als ansprechend. „Die Schule ist gut. Das Projekt ist gut. Wir unterstützen das!“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende.
Für Heino Teckentrup (FWG) stand es außer Frage, dass man reagieren müsse, wenn Fördermittel zur Verfügung stünden. Der Zeitfaktor sei hier das Wichtigste. Er hob die wichtige Zukunftsentscheidung für die Schule hervor. Auch sei die neue Schulleitung seiner Meinung nach in der Pflicht, etwas zu tun, um die Schule wettbewerbsfähig zu halten. In diesem Punkt bestärkte Dr. Ulrike Keitlinghaus (CDU) den FWG-Fraktionsvorsitzenden. Man müsse modernisieren, aber auch darauf schauen, was innen passiert. Jens Gregor (FDP) kündigte ebenfalls seine Zustimmung an.
Für Maria Eilhard-Adams (CDU) war die Aussage der SPD nicht nachvollziehbar. Man würde auch bei den KiTas in kurzer Zeit viel Geld bereitstellen. Nun, wo das Johanneum betroffen sein, wolle man mehr Zeit für Entscheidungen? Sie zeigte sich überzeugt, dass die Sanierung am Johanneum erfolgen muss.
Anne Claßen machte deutlich, dass man sehr wohl bereit sei, Geld für Kinder und Jugendliche freizugeben. Es gehe aber auch um die Art und Weise. Das Thema sei noch nicht ausdiskutiert, man wolle sinnvoll mit Geld umgehen und brauche mehr Zeit für Beobachtung und Beratung. Einen von Rudi Luster-Haggeney gezogenen Vergleich der Wichtigkeit eines Abiturs und des Schwimmenlernens ließ Anne Claßen nicht im Raum stehen, man müsse Schwimmen lernen, um zu überleben, das Abitur könne man zur Not auch in einer anderen Stadt machen, so Claßen.
Andrea Goß (FWG) wies darauf hin, dass es zunächst darum ginge, die Fördermittel zu bekommen. Sie könne in diesem Fall auf einen zweiten Architektenentwurf verzichten. „Wenn jetzt nichts investiert wird, ist die Schule nicht mehr konkurrenzfähig“, so Goß. Klaus Grothues (CDU) bezeichnete das Vorhandensein aller Schulformen als Aushängeschild für Wadersloh. Es sei wichtig, dass man die Option des Abiturs weiterhin habe. Die Fokussierung auf den Bereich Naturwissenschaften empfand er als „sinnig und nachvollziehbar„. Man müsse das Johanneum stärken.
Bei zwei Gegenstimmen der SPD wurde die Beschlussvorlage mehrheitlich beschlossen. Weitere Beratungen folgen im Bauausschuss (19. Juni) und im Rat (21. Juni).