Liesborn (mw). Wie sind die Heidelbeeren nach Liesborn gekommen? Nicht nur diese Frage beantwortete Philipp Hoberg, der seit 2015 auf seinem vom Vater Rudolf übernommenen Hof Heidelbeer-Kulturen betreibt. In der vergangenen Woche besuchten über 50 Teilnehmer der Veranstaltung des Liesborner Heimatvereins den Hof an der Benninghauser Straße. Nach der Übernahme des elterlichen Hofes in Liesborn stand die Entscheidung an, mit der Schweinemast, die aus Immissionsgründen nicht expandierfähig war, weiterzumachen oder mit Kulturheidelbeeren, auch Blaubeeren genannt, einen Neuanfang zu wagen. Angesichts neuer Herausforderungen, vor denen die heutige Landwirtschaft steht, fiel dann die Entscheidung zugunsten der blauen Früchte.
Zunächst berichtete Philipp Hoberg über Anbau, Pflege und Ernte der Heidelbeeren an dem Feld, wo alles angefangen hatte. Die Heimatfreunde erfuhren viele Details über die Blüte-, Reife- und Erntezeit. Schon vor der Blüte muss der Boden u.a. mit geschredderten Weihnachtsbäumen bedeckt werden, um das Unkraut in Schach zu halten. Die Heidelbeere ist eine selbstbefruchtende Pflanze, zusätzlich werden aber zwanzig Hummelvölker ausgesetzt, die den Vorteil haben, dass sie schon ab acht Grad fliegen und für mehr Früchte am Strauch sorgen.
Wie jedes Lebewesen hat auch die Heidelbeere ihre Feinde. Die sich sehr schnell vermehrende Kirschessigfliege, die durch die Globalisierung vor etwa zehn Jahren über den Weinbau nach Deutschland gekommen ist, Wühlmäuse und Tauben bedürfen einiger Gegenmittel. So sorgen Mauswiesel, für die Steinhaufen als Unterschlupf aufgeschichtet wurden, und Raubvögel, für die man mit Julen Sitzgelegenheiten geschaffen hat, für die Bekämpfung der Fressfeinde.
Für die Ernte ab Ende Juni bis Ende August sorgen rumänische Arbeitskräfte, die in vier bis fünf Durchgängen, da die Früchte zeitversetzt reifen, die Beeren ausschließlich mit der Hand pflücken. Die Fortzüchtung aus wilden, Halbschatten liebenden Beeren führte dazu, dass man beim Genuss von Kulturheidelbeeren keine blaue Zunge mehr bekommt.
Nach dem Abernten beginnt schon die Zeit der Vorbereitung für das nächste Jahr. Die Zweige tragen zwei Jahre Früchte, dann wird das Altholz abgeschnitten. Heidelbeersträucher haben eine Lebenszeit bis zu 30 Jahren. Selbstverständlich geht es nicht ohne Düngung, die wohldosiert nach Bodenproben vorgenommen werden muss, um dem Boden ausreichend Mineralstoffe zur Verfügung zu stellen.
In den letzten Jahren musste der Betrieb nicht nur Hagel-, sondern auch Trockenschäden in den sehr heißen Sommerzeiten hinnehmen. Was liegt da näher, als die Früchte vor der Sonne zu schützen, damit sie nicht die Form von Rosinen annehmen. So entstand die Idee, eine Agri-Photovoltaikanlage zu bauen, um die Felder vor Frost und Hitze zu schützen und zusätzlich Strom zu produzieren. Das würde letztlich bedeuten, dass sogar die Flächeneffizienz gesteigert würde bei der Erhaltung von Kulturflächen. Zur optimalen Ausnutzung sollen die Solarzellen in Ost-West Ausrichtung stehen und natürlich genügend Platz darunter lassen, um die Felder maschinell bearbeiten zu können. Philipp Hoberg hofft, dass die Genehmigungsverfahren nicht zu lange Zeit in Anspruch nehmen.
Nach der Besichtigung einer zweiten Anbaufläche, deren Unterdrückung des Unkrauts mit Folien vorgenommen wird und die mit einem feinmaschigen Zaun zur Abhaltung von Mäusen umgeben ist, nahm der Hofbesitzer die Gäste mit in eine zur Verpackung und Lagerung der Heidelbeeren umgebaute Scheune. Vom Feld gelangen die sonnenerwärmten Beeren in ein Kühlhaus, wo sie auf zehn Grad herabgekühlt werden. Danach läuft die Ernte über ein Gitterband, um sie von Restblättern zu befreien. Inzwischen werden vier Sorten angebaut, die dann in Schälchen unterschiedlicher Größe verpackt und palettiert werden müssen. Regelmäßig bringt ein LKW die Früchte zum Lebensmittelhandel im süddeutschen Raum. Die Vermarktung geschieht bewusst im Süden des Landes, da der Norden weitgehend durch Betriebe in Niedersachsen und Brandenburg abgedeckt wird, wo die idealen Böden für die zur Familie der Heidekrautgewächse zählenden Heidelbeeren beheimatet sind.
Bei einem abschließenden Umtrunk stellte sich Philipp Hoberg den zahlreichen Fragen der Heimatfreunde. Als Fazit dieser Veranstaltung lässt sich festhalten, dass es dem Landwirt gelungen ist, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen von der immer mehr kritisierten Tierhaltung zum Anbau von sehr gesunden Früchten, die eine antioxidative und entzündungshemmende Wirkung besitzen.
Quelle: Heimatverein Liesborn e.V., B.-P. Kerkemeyer