Kreis Warendorf (mw). Mal bombastisch triumphierend im stärksten Fortissimo, mal zaghaft weich im kaum hörbaren Pianissimo: Die 100 Sängerinnen und Sänger sind sehr gefordert, wenn sie einerseits einfühlsam vom Frieden in der Welt singen und andererseits engagiert mit einer fantastischen Musik für den Frieden in der Welt werben. Ein globales Dauerthema, das durch den grausamen Krieg in der Ukraine – und damit quasi vor der Haustür – eine traurige Aktualität und zusätzliche Brisanz erfährt.
Diese Entwicklung hat niemand erwartet, als sich die engagierten Sängerinnen und Sänger aus den Kreisen Gütersloh und Warendorf am 13. Oktober 2018 in Stromberg zur ersten Probe des vom Sängerkreis Emsland initiierten Projektchors für die Aufführung des mitreißenden Oratoriums „The Peacemakers“ des Briten Karl Jenkins (Jahrgang 1944) trafen. Und noch eines hatten die Akteure um die versierten Dirigenten Wilfried Thorwesten (Stromberg) und Heinz Braunsmann (Sendenhorst) damals bei ihrem ehrgeizigen „Friedensstifter“-Vorhaben nicht auf der Rechnung: die Corona-Pandemie.
Sie machte mehrfach sämtliche Planungen zunichte, brachte monatelange Unterbrechungen der Proben und führte dazu, dass die geplanten Aufführungen letztlich dreimal verschobenen werden mussten. Anfang Mai ist es nun aber soweit: Dann wird die vielschichtige Hommage an den Frieden mit ihren wohlklingenden Harmonien, aber auch ihren prägenden Dissonanzen in der Pius-Kirche in Wiedenbrück (5. Mai, 20 Uhr), in der Vitus-Kirche in Lette (6. Mai, 19 Uhr) und in der Marienkirche in Ahlen (7. Mai, 18 Uhr) präsentiert.
Damit die Konzerte zum Abschluss der viereinhalbjährigen Projektphase mit Proben zumeist alle vier Wochen in Stromberg gelingen, trafen sich die aus verschiedenen Chören und Kommunen stammenden Sängerinnen und Sänger jetzt zu einem intensiven Übungswochenende in Haus Neuland in Bielefeld. Bezeichnend oder zufällig: Der erste Probentag war zugleich der erste Jahrestag des Beginns des von dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angeordneten Ukraine-Kriegs. Und es schien, als wenn der Chor vor diesem Hintergrund gleich das zweite Lied des Abends mit besonderer Inbrunst interpretierte. Der Chorsatz besteht allein aus dem Wort „Frieden“ in 20 Sprachen. Das russische Wort „Mir“ gehört dazu.
100 Sängerinnen und Sänger wirken mit
„Natürlich war es für uns als Dirigenten und für alle Sänger schwierig, die Motivation über einen so langen Projektzeitraum hochzuhalten“, räumt Wilfried Thorwesten offen ein. Aber die begeisternde und lebendige Musik Jenkins sei immer wieder ein guter und hilfreicher Antrieb gewesen. Außerdem, so Heinz Braunsmann: „Wir hatten letztlich keine andere Wahl, weil wir die bis zum Pandemieausbruch geleistete Arbeit auch nicht einfach wegwerfen wollten.“
Und so haben, wenn auch nicht alle, ganz viele Teilnehmer der ersten Proben zur Stange gehalten. Neue sind dazugekommen. „Mit 100 Sängerinnen und Sängern gemeinsam auf der Bühne stehen – das wollte und will ich erleben, deswegen bin ich dabei“, so die Wadersloherin Ute Bayer.
Dabei sein wollte auch Sandra Botor, die in der Region als Solistin wie auch als Dirigentin des MGV „Lyra“ Lette und der Voice Company in Rheda-Wiedenbrück bekannt ist. „Ich wollte unbedingt das phantastische Solostück von Peacemakers singen. Die Musik von Jenkins ist so schön und begeistert mich.“ Deswegen wandte sich die Mezzosopranistin an Thorwesten und Braunsmann. Die waren begeistert, schließlich bot Botor an, insgesamt bei „Peacemakers“ mitzuwirken.
Daran wurde in Bielefeld denn auch eifrig gearbeitet – mal in großer Formation, mal die Frauen und Männer separat. Feinarbeit stand auf dem Stundenplan. Schließlich sollen die 16 Stücke am Ende perfekt klingen – was angesichts der Jenkins-Musik „gar nicht immer so einfach ist“, weiß Wilfried Thorwesten. Einzelne Töne, ganze Melodiebögen und wechselnde Rhythmen haben es in sich – wie das häufig triumphale Wort „Peace“ oder die auf leisen Harmonien durch den Raum schwebende Friedenstaube. „Die konzentrierten Probentage haben sich mehrfach ausgezahlt: für die Lieder selbst wie für das Miteinander. Jetzt hoffen wir auf viele Zuhörer – als Anerkennung für die Arbeit und das Durchhaltevermögen aller Beteiligen, aber auch als starke Demonstration für den Frieden in der Welt.“
Hintergrund
Karl Jenkins: Der 1944 in Wales geborene Karl Jenkins ist einer der vielseitigsten Komponisten der Gegenwart. Lange Zeit als Jazzmusiker aktiv, widmet er sich seit den 1990er-Jahren breit angelegten Chor-Arrangements sowie der Verbindung von Pop und Symphonik. Mit “Adiemus“ katapultierte er sich in die Klassik- und Pop-Charts der ganzen Welt.
„The Peacemakers“: Das oratorische Werk „The Peacemakers“ wurde am 16. Januar 2012 in der Carnegie Hall in New York uraufgeführt. Karl Jenkins thematisiert darin die größte Aufgabe der Menschheit – das Bemühen um Frieden weltweit. Das Werk vereint konfessionsübergreifend alle Menschen und Nationen. Außer Zitaten aus den Evangelien, dem Koran und einigen Psalmen verarbeitet Jenkins zentrale Gedanken unter anderem von Friedensstiftern wie Mahatma Gandhi, Albert Schweitzer, Martin Luther King, Franz von Assisi, Nelson Mandela, dem Dalai Lama, Anne Frank und Mutter Theresa.
Chor: Den vom Sängerkreis Emsland ins Leben gerufenen Chor bilden rund 100 Sängerinnen und Sänger aus verschiedenen Chören aus den Kreisen Warendorf und Gütersloh. Zum Projektensemble zählen zudem der Kammerchor Stromberg und das Vokalensemble Sendenhorst. Geleitet wird das Projekt von den erfahrenen Musikern und Dirigenten Wilfried Thorwesten Stromberg) und Heinz Braunsmann (Sendenhorst).
Orchester: Für den anspruchsvollen instrumentalen-Part ist das bekannte Kurion-Orchester aus Münster mit 44 Musikerinnen und Musikern verpflichtet worden.
Karten: Eintrittskarten für die drei Aufführungen in Wiedenbrück (5. Mai), in Lette (6. Mai) sowie in Ahlen (7. Mai) sind ab sofort bei allen Mitwirkenden, bei den Chören des Sängerkreises Emsland (www.saengerkreis-emsland.de) sowie in den Pfarrbüros in Oelde, Stromberg, Lette und Sünninghausen zu haben. Sie kosten im Vorverkauf 22 Euro (Schüler und Studenten 15 Euro) und an den Abendkassen 25 Euro (18 Euro).
Quelle: Martin Neitemeier