Wadersloh (mw/bb). Die Liesborner Museumskonzerte entfalten ihre Magie nun auch an anderen Orten. Mit dem dritten und letzten Zusatz-Konzert für junge Leute drückte der künstlerische Leiter der Festivalreihe, Jörg Lopper, den renommierten Abteikonzerte ein weiteres Mal seinen individuellen Stempel auf, und kultiviert dabei das älteste Kammermusikfestival in NRW mit modernen Impulsen, die schon jetzt und in den kommenden Jahren Früchte tragen werden. Mit dem Konzertprogramm „Crossroads on Fire“ entfachten Vivi Vassileva und Lucas Campara Diniz am Freitagvormittag einen Begeisterungssturm für klassische Musik in der Sekundarschule Wadersloh. MW war presse-exklusiv vor Ort.
Nachhaltig war das Wirken von Johann Sebastian Bach, als er im 18. Jahrhundert mit seinen Kompositionen ganze Generationen nach ihm bis in die Gegenwart beeinflusste. Mit dieser DNA spielten auch Vivi Vassileva und Lucas Campara Diniz in der ungewöhnlich seltenen Zusammenstellung von Percussion und Gitarre. Was an diesem Vormittag in rund 60 Minuten folgte, lässt sich nur als reines Musik-Feuerwerk für die Gefühle bezeichnen. Eine kulturelle Achterbahnfahrt durch Zeit und Raum. Dabei wurde die besondere Verbindung der beiden Musiker spürbar, die sich mit ihren Instrumenten aufeinander einließen und zauberhafte Klänge aus ihnen hervorlockten.
Überraschend vielseitig waren die vorgetragenen Stücke auch aufgrund der einzigartigen Zusammenstellung des Konzertprogramms für die Abschlussklasse der Sekundarschule. Wie könnte es anders sein, dass auch bei der Musik das Thema Nachhaltigkeit Einzug findet? Mit der Plastic-Bottle Cadenza aus dem Recycling-Concerto von Gregor A. Mayrhofer machte Vivi Vassileva aus zwei Plastikflaschen ein Klang-Instrument. Dabei nutzte die Musikerin die Eigenheiten ihrer Werkzeuge, um eine besondere Dynamik hervorzurufen. Kann man aus Müll Musik machen? Ja! Und zwar nachhall-tig! Ein Friday-for-Future der musikalischen Art!
„Crossroads on Fire“ brach immer wieder aus der Klassik aus und ließ einer unbeschreiblichen Leidenschaft Raum, die sich mit südamerikanischen Einflüssen zeigte. Lucas Campara Diniz überzeugte mit eigenen Kompositionen, die er während des Corona-Lockdowns zu Papier und nun in die Gehörgänge brachte. Ein Talent, das bis in die kleinen Fingerspitzen reichend, die Hingabe eines Musikers zu seinem Instrument offenbarte, zeigte die Professionalität des Brasilianers, der die Seele Südamerikas in seinem Werk lebendig werden ließ. Aufgrund der besonderen Besetzung von Vibraphon und Gitarre werden viele Stücke von Lucas Campara Diniz eigens für „Crossroads on Fire“ arrangiert. Dabei ist das Programm stets von einer hohen emotionalen Dichte geprägt, die sich beim Zuhören entfaltet.
Ein weiterer Höhepunkt des Konzerts: Die Flamenco-Einlage mit dem Cajon und die aufregende Darbietung dreier brasilianischer Legenden („Tres Lendas Brasileiras“, Sergio Assad). Man konnte förmlich den frischen Duft des Regens auf dem Waldboden riechen. Einzig und allein durch die besondere Interpretation von Regen und Donner, die den Regenwald zum Leben erweckte. Eine tickende Spieluhr zur Legende des Sandmanns führte das junge Publikum aus dem Regenwald-Traum in das prickelnde Konzert-Finale. Lucas Campara Diniz arrangierte zwei der vier Jahreszeiten von Astor Piazzolla und ließ den Tango Nuevo Einzug halten, um ein herausragendes Konzerterlebnis zu seinem Ende zu bringen.
Unter großem Beifall des jungen Publikums verabschiedete Schulleiter Dr. Rainer Großbröhmer seine musikalischen Gäste sowie Jörg und Amelie Lopper. Für die Schülerinnen und Schüler stellte das Zusatzkonzert einen besonderen Einblick in die klassische Musik dar, die sich in einer aussergewöhnlich Vielseitigkeit präsentierte. Für die Musiker Vivi Vassileva und Lucas Campara Diniz schließt sich bereits am heutigen Samstag das 4. Konzert desr Liesborner Museumskonzerte im Museum Abtei Liesborn an. Auch hier wird „Crossroads on Fire“ ein künstlerisches Feuer der Leidenschaft entfachen. Versprochen!
Konzertkritik, Fotos: B. Brüggenthies