Wadersloh (mw/bb). Die aktuellen Bilder vom Krieg in der Ukraine in sozialen Netzwerken und im Fernsehen machen fassungslos. Viele von uns kennen die Geschichten vom Krieg von unseren Eltern und Großeltern und nach Jahrzehnten des Friedens in Europa ist die Verunsicherung groß. Genauso groß ist aber auch die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine. Wie reagieren Familien mit jüngeren Kindern auf die derzeitige Situation? MW hat mit einer Familie* aus Wadersloh über ihre Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gesprochen. *Anm. d. Red.: Die Namen wurden aus Datenschutzgründen geändert.
Am Rosenmontag wollte Familie L. eigentlich Karneval feiern. Das hat Tradition. Verkleidungen vorbereiten, Schminke auflegen, ausgelassen an einem Umzug teilnehmen, Kamelle sammeln und stolz mit vielen Eindrücken nach Hause tragen. Doch auch nach zwei Jahren Coronapandemie ist an Normalität immer noch nicht zu denken. In diesem Jahr fand erneut kein Karneval statt. Ans Feiern denken die Wenigsten. Doch es liegt nicht nur an Corona, sondern an der Ausnahmesituation in der Ukraine. Krieg oder Karneval? Wie kann man feiern, wenn Familien mitten in Europa um ihr Leben fürchten müssen, wenn jederzeit eine Bombe das eigene Heim zerstören könnte? Auch in Wadersloh wird viel über das Thema gesprochen. Für Eirene und ihre Familie ist die aktuelle Situation belastend. Wie erklärt man kleinen Kindern, was Krieg bedeutet?
„Meine älteste Tochter Laura (17) meinte ganz zu Beginn, dass sie Angst hat, dass alle deutschen Männer in den Krieg müssen. Ihr Freund ist 18. Ich selbst fand den Gedanken zu dem Zeitpunkt ziemlich schräg und habe ihr gesagt, dass das niemals passieren wird. Es gibt zunächst die Jungs, die beim Bund sind oder die Wehrpflicht-Monate hinter sich gebracht haben. Aber heute denke ich, dass auch die Ukrainer nicht damit gerechnet haben, dass alle von 18 bis 60 Jahren nicht mehr das Land verlassen dürfen.“
Aber auch die jüngeren Töchter (4 und 7) verstehen die aktuelle Lage nicht. „Eben meinte Martha (7) noch, dass der Papa den ganzen Tag Krieg guckt. Also bei uns läuft aktuell viel der Nachichtensender ntv. Wir sind schwer geschockt. Mein Mann und ich sprechen darüber und die Kinder bekommen das auch mit, auch die Bilder sehen sie. Mit Martha macht es mehr als mit Alexa (4). Die wissen, dass dieser Krieg ein Kampf zwischen zwei Ländern ist. Sie wissen, dass Leute fliehen, weil Bomben und Raketen Häuser und Autos zerstören. Gestern fragte Alexa, warum Papa nicht dorthin geht und mitkämpft. Er wäre doch stark und könnte helfen. Martha daraufhin ganz schockiert, das sei gefährlich. Papa könnte sterben! Hier erkennt man dann direkt, wie beide ticken. Martha ist sehr sensibel, überlegt sehr, bevor sie etwas tut und Alexa macht einfach, ohne nachzudenken. Inwieweit sie tatsächlich die aktuelle Situation einnimmt, kann ich nicht ganz klar sagen. Sie kehren immer schnell wieder zurück in ihre Welt, sodass ich nicht das Gefühl habe, dass ich mich mit dem Thema mehr zurücknehmen müsste“, sagt Familienmama Eirene.
„Meine Freundin hat einen Sohn in der 4. Klasse. Ich weiß, dass das Thema Krieg die Viertklässler sehr verstört, sodass die Schule eine Mail an die Eltern geschickt hat, dass das Thema in der Schule mal aufgegriffen werden musste, weil Mädchen bei Unterhaltungen untereinander in der Pause anfingen zu weinen und sie dann von den Klassenlehrern aufgefangen werden mussten“, sagt Eirene. Innerhalb der Familie findet das Thema Krieg jeden Tag Einzug. Kindern das Thema Krieg zu vermitteln, fällt dabei nicht immer leicht. „Wir haben auch darüber gesprochen, wie man den Menschen in der Ukraine jetzt helfen kann und dann als Familie beschlossen, dass wir uns gerne auf eine Liste setzen möchte, in der sich Leute bereit erklären, ukrainische Kinder bei sich zu Hause aufzunehmen“, sagt Eirene.
Weiterführende Informationen
Gut aufbereitet und zusammengefasst wird der aktuelle Konflikt auf dem Youtube-Kanal von MrWissen2Go (Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, externer Link). Wie kann Kindern das Thema Krieg vermitteln? Dazu hat das Redaktions-Team von der „Sendung mit der Maus“ ein informatives und kindgerechtes Angebot erstellt. Es ist hier zu finden (externer Link). Der RBB hat sich ebenfalls mit dem Thema auseinandergesetzt und eine Psychologin zu dem Thema befragt. Auch der Vorstandsvorsitzende der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ kommt zu Wort (ext. Link).
Wie kann man den Menschen in der Ukraine helfen?
Experten gehen davon aus, dass sehr viele Menschen aus der Ukraine in den umliegenden Ländern Schutz suchen werden. Bereits jetzt haben 100.000 Menschen ihr Land verlassen. Auch bei uns in Wadersloh bereitet man sich darauf vor. Die Gemeindeverwaltung Wadersloh hat uns auf unsere Presseanfrage mitgeteilt, dass man bereits über das Thema Flüchtlinge berät. Die seit 2015 vorhandenen Strukturen zur Unterbringung und Betreuung im Rahmen der Flüchtlingshilfe Wadersloh könnten umgehend reaktiviert werden. Anstatt eigene Initiativen und/oder Spendenaufrufe für Kleidung, Nahrung etc. zu starten, verweist die Gemeinde Wadersloh auf die zertifizierten Hilfsorganisationen, die man unterstützen könne. Auch kreisweit bereitet man sich auf den Flüchtlingsstrom aus Osteuropa vor. Landrat Dr. Gericke wird am Aschermittwoch mit den Bürgermeister*innen im Kreis Warendorf über das weitere Vorgehen sprechen.
Beispielhaft führen wir nachfolgend einige Organisationen auf, die Spendengelder für die Menschen in der Ukraine sammeln:
- Ukraine-Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes e.V., Infos (externer Link)
- SOS-Kinderdörfer weltweit / Ukraine, Infos (externer Link)
- Nothilfe-Ukraine des Kindermissionswerks (Die Sternsinger), Infos (externer Link)
- UNHCR-Hilfe in der Ukraine, Uno-Flüchtlingshilfe e.V., Infos (externer Link)
Sechs Dinge, die du für die Ukraine tun kannst (außer zu spenden) hat das Magazin „Enorm“ zusammengestellt (externer Link).
Über Spenden- und Hilfsaktionen in der Gemeinde Wadersloh ist uns bisher nichts bekannt. Wer Informationen hat, kann uns gerne eine Nachricht in die Redaktion senden. Per WhatsApp an 02520-9129191 oder via Mail an redaktion@mein-wadersloh.de.
Text & Zusammenstellung: mw/bb.