Liesborn (mw/bb). Traktoren sind ein spannendes Hobby, für das man sich gerne Zeit nimmt. Die braucht man aber sowieso, wenn man mit gemächlichen 20 Stundenkilometern die Landstraßen befährt. Auch in unserer Region erfreut sich die Faszination für Schlepper weiterhin großer Beliebtheit. In den Wadersloher Ortsteilen gibt es einige Fangruppen und das Traktorpulling in Geist feierte vor einigen Jahren eine erfolgreiche Premiere. Auch am anderen Ende des Münsterlandes gibt es eine Gruppe von Traktorfans: Den Wesseler-Club Altenberge. Bis Anfang der 1960er Jahre wurden in Altenberge Schlepper der Marke „Wesseler“ in Handarbeit produziert. Die Begeisterung für die PS-starken Traktoren hält bis heute an. An diesem Wochenende besucht die Gruppe auf Einladung von Familie Eckervogt das Rittergut Haus Heerfeld in Liesborn-Göttingen. Ein erster Ausflug seit dem Beginn der Corona-Pandemie mit viel Benzingesprächen und noch mehr Fanliebe für ein Münsterländer Original auf vier Rädern.
Für Christa Eckervogt ist es ein besonderer Besuch, denn der Gruppe verdankt sie, dass ihr eigener Wesseler-Traktor die begehrte TÜV-Plakette erhalten hat. Denn die alten Unterlagen waren nicht mehr auffindbar und Ersatz konnte nur mit den technischen Unterlagen beschafft werden. „Mein Vater hatte damals einen Wesseler und kürzlich bot sich eine gute Gelegenheit. Seitdem besitze ich einen WL-W2-27“, berichtet sie. Satte 40 PS bringt der 4-Zylinder und wird damit auch für die Wesseler-Experten zu einem Hingucker. „Üblich waren damals nur 27 PS bei dem Modell. Der wurde etwas modifiziert“, erklärt Heinz-Josef Thiemann. Der Vorsitzende des Wesseler-Clubs ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma, die bis 1988 existierte. So wie seine Dutzend Mitreisenden und die insgesamt 90 Vereinsmitglieder hat es ihm die besondere münsterländische Traktoren-Manufaktur angetan. In Altenberge unterhält der Club ein eigenes Museum in einem denkmalgeschützten einstigen Fabrikgebäude von Wesseler.
Mit dem Ende der Traktorenproduktion und den Bau der letzten Schlepper endete 1966 eine Ära, die maßgeblich zur Mechanisierung der Landwirtschaft beigetragen hat. Fortan wurden in dem Werk – rund 20 Kilometer von Münster entfernt – Fiat-Traktoren gefertigt. „In einem Jahr hatte Wesseler sogar mehr Traktoren produziert als Fendt“, berichtet Heinz Brüggemann stolz. Auch er ist bekennender Wesseler-Fan und kennt vermutlich jede Schraube und jedes Detail der grünen PS-Kraftprotze. Temperaturanzeige, Zierleisten, ein obligatorischer Blick unter die Motorhaube. Auch der Wesseler von Familie Eckervogt ist ein Unikat. Jeder Traktor aus Altenberge wurde im Kundenauftrag individuell zusammengebaut. Eine Serienfertigung gab es damals nicht. Von den 3.600 Traktoren sind heute noch rund 500 erhalten. Nicht alle wurden so liebevoll restauriert, wie die Fahrzeuge der Wesseler-Club-Mitglieder.
Heutzutage ist Altenberge vor allem bekannt für den international agierenden Anhängerhersteller Schmitz Cargobull. Vor 60 Jahren waren es die Wesseler-Traktoren, die Altenberge weit über die Grenzen des Münsterland hinaus bekannt machte. Diese Tradition setzt der Wesseler-Club bis heute fort. Wer also ein lautes Motorengeräusch vernimmt und einen Traktor erspäht, sollte Ausschau nach dem markanten Wesseler-Schriftzug auf rotem Lüfter halten. Dort fährt ein Stück münsterländische Geschichte auf den Straßen.
Fotos/Text: mw/bb.