Wadersloh (mw/bb). Gegen das Vergessen! – Die Gemeinde Wadersloh könnte sich schon bald dem Deutschen Riga-Komitee anschließen. Ende Januar 2020 hatte der Heimatverein Wadersloh einen entsprechenden Antrag an den Rat gestellt. Neben weiteren Aktionen zur Stärkung des europäischen Gedankens und der Erinnerungskultur setzt sich der Heimatverein seit Langem auch dafür ein, dass die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Wadersloh nicht in Vergessenheit gerät. Zum 75. Jahrestag des Kriegsendes in Deutschland wäre der Beitritt zum Riga-Komitee ein wichtiges Zeichen.
Herbert Fortmann (Co-Initiator des Antrags) und Winfried Schlieper (1. Vorsitzender) vom Heimatverein Wadersloh zeigten sich erfreut über den einstimmigen Beschluss des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport am 19. August. Der Antrag des Heimatvereins wurde bereits im Hauptausschuss am 27. Mai thematisiert. Der Fachausschuss entschied nun ebenfalls einstimmig, somit wäre ein Beitritt immer wahrscheinlicher.
Das Deutsche Riga-Komitee wurde im Jahr 2000 in Berlin von 13 deutschen Städten und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gegründet. In den Folgejahren traten immer mehr Städte (darunter bereits Ahlen, Warendorf, Telgte und Drensteinfurt) dem Verbund bei. Ab 1941 wurden jüdische MitbürgerInnen in das Baltikum und den dortigen Vernichtungslagern deportiert. Das Deutsche Riga-Komitee hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an die etwa 25.000 Juden wach zu halten, die nach Riga deportiert wurden. So kümmert sich der Verbund u.a. um die Gedenkstätte im Wald von Biķernieki.
Auch aus der Gemeinde Wadersloh wurden ab 1941 Juden nach Riga deportiert und dort ermordet. Um die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte befasste sich vor allem Hans-Josef Kellner. Für den Heimatverein Wadersloh ist es daher eine besondere Herzensangelegenheit, mit dem Beitritt zum Komitee den ermordeten Menschen aus Wadersloh zu gedenken. Julius Silberberg war mit gerade einmal 13 Jahren das jüngste Opfer. Er wurde mit seiner Familie 1941 nach Riga deportiert und dort ermordet.
Sollten der Hauptausschuss (23. September) und Rat (28. Oktober) ebenfalls grünes Licht geben, würde ein Gedenkstein mit dem Namen der Gemeinde Wadersloh in Riga-Bikernieki aufgestellt. Zugleich würde man sich dazu verpflichten, einen finanziellen Beitrag für den Erhalt und die Pflege der Gedenkstätte zu leisten, der mindestens 2.000 Euro beträgt. Diese Kosten würden sich Gemeinde und Heimatverein teilen.
Der Heimatverein Wadersloh kündigte im Gespräch mit MW bereits an, dass man vielfältige Aktivitäten seitens des Vereins plane, um das Gedenken an die ermordeten jüdischen MitbürgerInnen wach zu halten. Vor allem die Wadersloher Schulen sollen nach Wunsch des Heimatvereins mit eingebunden werden. Der Heimatverein Wadersloh hatte bereits zu Beginn des Jahres über geplante und vergangene Aktionen rund um Riga berichtet. Im Rahmen der Jahreshauptversammlung gab es u.a. einen ausführlichen Rückblick zu einer Riga-Fahrt.
Winfried Schlieper begrüßte das einstimmige Votum des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport. „Unser Wunsch ist es, noch in diesem Jahr eine erste Aktion umzusetzen und in Wadersloh optische Verweilpunkte zu schaffen, um auf das Schicksal der Juden aus Wadersloh aufmerksam zu machen und zu erinnern“, so Schlieper. „Schon mit den Stolpersteinen haben wir ein Statement gesetzt. Es wäre schön, wenn wir vor allem auch die Jugend aus Wadersloh dafür begeistern könnten, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Im Rahmen von Exkursionen und Bürgerfahrten nach Riga könnte man das Thema weiter vertiefen“, so der Vorsitzende des Heimatvereins.
Archivfotos: Brüggenthies