Münster (pbm/sk). Die Zahl der Kirchenaustritte ist im Bistum Münster im Jahr 2019 auf einen historischen Höchststand gestiegen: 16.654 Katholiken erklärten ihren Austritt, das waren 5.212 mehr als im Vorjahr. Bisher hatte es im Jahr 2014 mit 11.859 die höchste Zahl an Kirchenaustritten gegeben. 292 Personen, die sie früher einmal verlassen hatten, traten im Bistum Münster im vergangenen Jahr wieder in die katholische Kirche ein, hinzu kamen 190 Eintritte aus anderen christlichen Konfessionen. Wie die Bischöfliche Pressestelle am 26. Juni in Münster weiter mitteilte, wurden 2019 im Bistum 14.060 Menschen durch die Taufe in die Kirche aufgenommen, 505 weniger als 2018. Die aktuelle Katholikenzahl im Bistum lag Ende 2019 bei 1,82 Millionen, das sind rund 30.000 weniger als ein Jahr zuvor. Münster ist hinter dem Erzbistum Köln das zweitgrößte Bistum in Deutschland.
Einen leichten Rückgang gab es im vergangenen Jahr im Bistum Münster auch bei den Menschen, die sonntags an der Messe teilnehmen. 2019 waren es 147.268 Katholiken (8,1 Prozent) und damit 2.463 weniger als im Vorjahr. Rückgänge gab es auch bei Firmungen (2019: 11.748; 2018: 12.189), Erstkommunionen (2019: 14.094; 2018: 14.713; 2017: 15.436), kirchlichen Trauungen (2019: 3.280; 2018: 3.682) und Bestattungen (2019: 19.354; 2018: 20.517)
Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, erklärt zu den Zahlen:
„Die Zahlen, die wir jetzt vorliegen haben, sind auf dem Hintergrund der Situation im vergangenen Jahr beziehungsweise den beiden vergangenen Jahre 2018 und 2019 zu lesen. Mittlerweile hat sich durch die Corona-Krise die Situation noch einmal völlig verändert, so dass es erst recht schwierig ist, eine Erklärung zu geben, warum im Jahre 2019 die Zahl der Kirchenaustritte auf einen solch hohen Stand gestiegen ist. Eines ist klar: Sowohl vor wie auch nach Corona erleben wir in Deutschland den Übergang zu einer neuen Gestalt von Kirche.
Ich kann nur vermuten, was die Menschen auch 2019 bewegt hat, ihren Kirchenaustritt zu erklären: Es hat sicherlich immer noch mit dem Bekanntwerden von Verbrechen sexuellen Missbrauchs und dem Umgang damit, vor allem mit den verletzten Personen, von Seiten der kirchlichen Verantwortungsträger zu tun. Außerdem stellt sich die Kirche in unserem Land angesichts der vielen Diskussionen um innerkirchliche Reformfragen sehr zerrissen und nicht in großer Einigkeit dar.
Für viele Menschen spielen die Gemeinschaft der Kirche und das, was sie an Verkündigungsgehalt zu bieten hat, einfach keine Rolle mehr. Für ein gutes und gelingendes Leben erscheint vielen Kirche verzichtbar und nicht mehr relevant. Umso mehr kann ich nur wiederholen, was ich auch in den zurückliegenden Jahren gesagt habe: Wie können wir Menschen überzeugen, dass der Glaube an Jesus Christus und Glauben in Gemeinschaft das Leben bereichern? Es gibt, auch wenn die Austrittszahlen weiter hoch bleiben sollten, nur einen Weg: Die Menschen müssen erfahren, dass wir als Christinnen und Christen gerne für sie da sind. Wir sind nicht von gestern, sondern stehen mitten in dieser Welt. Und dabei sind wir mit Tat und Wort gerade für diejenigen da, die es in unserer Gesellschaft schwer haben. Wir müssen uns noch deutlicher einsetzen gegen Egoismus und für Solidarität, für ein neues Verhältnis von Mensch und Schöpfung. Ich möchte noch hinzufügen, dass es uns wichtig ist, Menschen zu zeigen: Als Christinnen und Christen verteidigen wir die Menschenwürde; wir möchten Fürsorge statt Selbstsorge, Wohlbefinden statt Wohlstand; wir leben die frohe Botschaft Jesu Christi und bringen die Menschen in Beziehung zu Ihm. Nur ein wirklichkeitsfremder Traum? Sicher ist die Wirklichkeit oft eine andere.
Ich möchte die traurig machenden Zahlen und den historischen Einschnitt durch die Corona-Pandemie als Ansporn verstehen, mutig und entschlossen all das anzugehen und zu ändern, was wir ändern können, und die Botschaft klarer hervortreten zu lassen. Dazu lade ich meine Schwestern und Brüder im Glauben in der Kirche ein, diesen Traum zu leben und uns selbst von der Botschaft Jesu verändern zu lassen, nicht um unserer selbst willen, sondern um dessen willen, der als Erlöser aller Menschen in die Welt gekommen ist und das Zentrum unseres Glaubens und allen kirchlichen Lebens darstellt.“
Quelle: Bischöfliche Pressestelle, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Bistum Münster