Diestedde (mw/bb). Hand auf’s Herz: Wer erinnert sich noch an die ganz großen Palmsonntagsumzüge vom Seniorenheim zur Kirche. Karl-Heinz Brüggenthies stellte alljährlich seinen Esel zur Verfügung, ein Grundschulkind spielte Jesus und Pfarrer Johannes Klein machte sich jedes Jahr einen großen Spaß daraus, die Umzugsteilnehmer mit ein paar Spritzern Weihwasser zu befeuchten. Im Mittelpunkt standen natürlich die stolzen Palmstöcke nach Diestedder Art. Auch wenn die Tradition im Jahr 2020 pausieren muss, sind auch die Erinnerungen an diese Momente schön.
Die Tradition, die es in der Form nur im Nikolausdorf Diestedde gibt, ist seit 100 Jahrenfester Bestandteil in der Woche vor Ostern. In den letzten Jahren sorgte der Heimatverein Diestedde mit einer eigens eingerichteten Palmhahn-Bastelwerkstatt im Backhaus dafür, dass diese Tradition bewahrt bleibt. Denn längst gab einige Änderungen im Ablauf. Esel und Jesus reiten nicht mehr mit, der Umzug findet bereits am Samstag statt und auch Pastor Klein schaut mittlerweile von oben auf seine Schäfchen herab. Wenn die Kinder mit ihren Eltern und den Palmstöcken die Pfarrer-Johannes-Klein-Allee entlang laufen, dürfte der 2015 verstorbene Diestedder Pastor besonders stolz sein, denn ihm war die Tradition immer besonders wichtig.
Ein Weidenstock, drei Äpfel, drei Backringe, rote Schleifen, etwas Buchsbaum und oben thronend der Hefe-Backhahn: Der Palmstock „made in Diestedde“ ist so einzigartig, dass er einst sogar im LWL-Museum Münster ausgestellt wurde. Bis vor zwei Jahren kümmerte sich Gertrud Marcher rührig um die fachkundige Anleitung der interessierten Familien im Rahmen der Palmhahnwerkstatt. Unter anderem für dieses Engagement für die Diestedderin vor einigen Wochen zum Ehrenmitglied im Heimatverein Diestedde ernannt.
Wenn der Einzug Jesu nach Jerusalem am heutigen Palmsonntag gefeiert wird, leuchten die roten Schleifen der Diestedder Palmhähne normalerweise in der Sonne. Wenn die jungen Palmstock-Baumeisterinnen und Baumeister nach der Palmweihe vor dem Seniorenheim Haus Maria Regina gemeinsam zur Pfarrkirche ziehen, dann werden nicht nur bei den Eltern Kindheitserinnerungen wach. In diesem Jahr fehlt dieser eine besondere Moment der Gemeinschaft und dem Gedenken an den Einzug Jesu nach Jerusalem. Zumindest in Form der gemeinsamen Prozession. Aber eines bleibt: Die gemeinsame Tradition verbindet das Dorf. An manchen Stellen in Wadersloh und Diestedde ist in diesen Tagen ein Palmstock in den Fenstern gesichtet worden und zeigt: Der Brauch bleibt!
Fotos/Text/Video: Brüggenthies