Liesborn (mw/bb). Dass sich ausgerechnet ein Gärtner im Auenland pudelwohl fühlt, ist ja eigentlich selbstverständlich. Jeder der den „Herr der Ringe“ des neuseeländischen Regisseurs Peter Jackson zur Jahrtausendwende verfolgt hat, hat sich irgendwie auch in die Bilderbuchlandschaften Neuseelands verliebt und die unendlichen grünen Weiten. Eine der Hauptrollen und zugleich heimlicher Held des Epos von J.R.R. Tolkien ist der Charakter des Samweis Gamdschie, der Sohn des Gärtners der Familie Beutlin. Raphael Becker aus Liesborn erfüllte sich kürzlich einen Kindheitstraum und bereist seit einem halben Jahr die Welt. Mein-Wadersloh.de (MW) begleitet ihn (leider nur digital) auf seiner Reise und natürlich möchten wir den Weltenbummler erstmal näher kennenlernen. Dazu haben wir ein kleines Interview mit Raphael (RB) geführt.
MW: Erzähl uns doch erst einmal, wer du eigentlich bist? Der junge Gandalf? Ein Waldläufer? Wie heisst du und was machst du (beruflich), wenn du nicht gerade eine Stippvisite ins Auenland machst?
RB: Ich bin Raphael, 28 Jahre alt und komme aus Liesborn. Bin mehr ein Zwelb als ein Zauberer *lacht* (ein Mischling aus Elb und Zwerg, zu groß für ein Zwerg und zu behaart für ein Elb). Ja, ich bin gelernter Landschaftsgärtner und arbeite seit fünf Jahren bei der Stadt Lippstadt als Gärtner. Habe also nicht gekündigt, sondern nur einen langen unbezahlten Urlaub eingereicht. Nebenbei arbeite ich in der besten Kneipe der Welt, Joey’s Garage, in Lippstadt.
MW: Warum hast du deine wunderschöne Heimat Liesborn verlassen und sammelst fleißig großartige Eindrücke auf Instagram?
RB: Der Grund warum ich meine Heimat verlassen habe, liegt darin, dass ich vor drei Jahren einen Freund in Australien besucht habe für drei Wochen. Als ich wieder zu Hause war, kam immer mehr der Drang zu reisen. Man nennt es ja auch Fernweh *lacht*. Daraufhin habe ich beschlossen eine „kleine Weltreise“ zu machen. Ich will halt mehr von der Welt sehen als nur mein Liesborn und Lippstadt. Neue Kulturen kennenlernen, neue Menschen und einfach Erfahrungen für mich sammeln.
MW: Was hast du eigentlich alles in deinem Reisegepäck, außer frischer Unterwäsche, Kamera und einer Zahnbürste (den Rasierer hast du in Liesborn vergessen, oder)? Hast du eine Reisebegleitung?
RB: In meinem Reisegepäck habe ich noch zwei kurze Hosen, Badehosen, T-Shirts, Pullis, ne Regenjacke, Sonnenbrille, mittlerweile meine Siebte oder so *lacht*, Flip Flops, Straßenschuhe, seit Neuseeland noch Wanderschuhe, ’nen Buch, Kompass, Taschenmesser, zwei Hüte, ein Schal aus Vietnam, Leppi, Drohne, Action-Cam, Powerbank und sogar ein Rasierer, der aber nicht ganz so oft zum Einsatz kommt. Das müsste es gewesen sein. Die ersten vier Monate bin ich mit einem Freund gereist. Doch sind wir in Australien dann getrennte Wege gegangen da er dort arbeiten will, um das zweite Jahr zu beantragen.
MW: Was hast du bisher erlebt und was hat dich bisher am meisten auf deinen Reisen beindruckt? Was steht noch auf deiner Agenda?
Auf den Philippinen wo wir gestartet sind, habe ich richtig schöne Strände gesehen, aber auch das es nicht nur das Paradies ist. Wir haben eine Freundin und ihre Eltern da besucht. Die wohnen halt nicht im Touristengebiet. Und an manchen Orten an denen wir vorbei fuhren war es für unsere Verhältnisse schon sehr arm (was da aber manchmal der Mittelstand ist). In Vietnam hatten wir viel Pech mit dem Wetter und waren da nicht sehr lange. Aber der Norden hat eine sehr schöne Landschaft. In Thailand habe ich mir in der ersten Woche einen Riss im Trommelfell zugezogen, was dann nicht so pralle war. Wir sind vom Norden bis in den Süden per Anhalter gefahren. Was eine Supererfahrung war. Da man viele nette Leute kennen lernt. Bei einem Pärchen haben wir sogar schlafen dürfen. Sie haben uns zu allem eingeladen und das obwohl die nicht mal viel Geld haben.
In Kambodscha haben wir viele neue Freunde gefunden. Wir haben die blutige Geschichte über Kambodscha erfahren, von einem Tuktuk Fahrer der uns durch ein Dorf geführt hat und uns vieles gezeigt hat. Zum Beispiel wie Frühlingsrollen hergestellt werden. Leider ist es so, dass Asien immer mehr vermüllt wird, da es keine richtige Infrastruktur gibt. Der Müll liegt überall auf den Straßen an der Seite oder wird verbrannt. Es wird viel zu viel in Plastik eingepackt. Dazu kommt dass das Wasser und viele andere Produkte von Nestlé sind. Doch haben die Leute kaum eine Wahl.
In Australien haben uns dann Freunde besucht mit denen wir die Westküste lang gefahren sind. Danach bin ich alleine durchs nichts zur Ostküste gefahren. Konnte da in Gold Coast für die restliche Zeit, zweieinhalb Wochen, auf einem Hausboot leben. Das Boot gehört einem alten Mann den ich vor drei Jahren da kennengelernt habe. Von da aus ging es dann nach Neuseeland wo ich meinen ersten Bungeejump, meinen ersten Fallschirmsprung und meine ersten richtigen Wanderungen gemacht habe. Bis jetzt hat mich definitiv die Südinsel von Neuseeland am meisten beeindruckt. Einfach nur traumhaft. Als nächstes steht bei mir Kanada und Alaska an. Der Rest wird sich zeigen. Ich habe keinen wirklichen Plan.
MW: Was würdest du anderen „Weltenbummlern“ empfehlen, wenn sie die Welt kennenlernen möchten. Welche Eigenschaften sollte man als Weltreisender unbedingt mitbringen?
RB: Viel kann ich glaube ich gar nicht empfehlen. Man sollte offen sein, neues Vertrauen in Fremde stecken. Evtl auf Leute zugehen können. Was aber, wenn man alleine reist, von automatisch kommt. Und die Komfortzone natürlich verlassen. Man wird die ein oder andere dreckige Toilette oder Dusche mal sehen. Gehört halt alles zum Reisen dazu. Und definitiv alleine reisen. Man trifft so viel mehr Leute und lernt seine Schwächen und Stärken kennen.
MW: Wie haben eigentlich deine Freunde und deine Familie reagiert, als du erzählt hast, dass du um die Welt reist? Warum möchtest du andere durch deine Travel-Vlogs (Anm.: ein digitales Reisetagebuch mit Videos und Bildern) an deinen Erlebnissen teilhaben lassen?
RB: Die fanden es eigentlich alle gut. Aber da es am Anfang noch in weiter Ferne lag konnte es keiner, mich eingeschlossen, richtig realisieren. Aber sie haben sich für mich gefreut. Ich will anderen, die eventuell nicht die Möglichkeit haben durch die Welt zu reisen, überhaupt zu reisen usw. zeigen, was sich außerhalb Deutschlands so abspielt. Beziehungsweise wie schön die Natur auch in anderen Ländern sein kann. Und andere Kulturen zeigen. Wobei es mit der Kultur noch hapert, da ich bis jetzt nicht so viele Einwohner kennenlernen konnte. Ichmöchte einfach zeigen, was ich so erlebe damit andere zumindest ein bisschen sehen was ich sehe und erlebe.
MW: Wann kommst du zurück nach Deutschland und was vermisst du bisher am meisten an deiner Heimat? Was machst du als allererstes, wenn du wieder in deinen eigenen vier Wänden bist?
RB: Geplant ist das ich nächstes Jahr im April zurück nach Deutschland komme. Dann war ich ca 1 1/2 Jahre unterwegs. Am meisten vermisse ich meine Familie und Freunde. Was ich dann machen werde? Gute Frage. Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich die Sachen in die Ecke schmeißen und sofort alle besuchen wollen.
MW: Eine Frage hätten wir noch. Wenn du an unsere Region Wadersloh/Lippstadt und Umgebung denkst – was wäre da dein Lieblingsort und würdest du darüber auch ein Vlog machen?
RB: Abgesehen von der „Garage“ [Anm. d. Red.: Die Kneipe „Joe’s Garage“ in Lippstadt] – nein, nicht wegen dem Feiern, Bier trinken oder sonst was, man lernt viele lustige Leute kennen und es ist irgendwie eine familiäre Atmosphäre – ist die Natur an sich mein Lieblingsort. Ich habe da keinen besonderen Ort. Ob ich da einen Vlog drüber machen würde, habe ich noch nie so drüber nachgedacht. Wäre möglich, aber ob es passieren wird, abwarten.
MW: Danke für deine Eindrücke. Wo können wir denn deine Reiseeindrücke mitverfolgen?
RB: Ihr könnt mir einfach auf meinen drei Seiten folgen [Anm. d. Red.: externe Verlinkungen]
MW: Wir freuen uns schon auf das nächste Gespräch mit dir. Danke für das Interview!
Interview: Benedikt Brüggenthies, Fotos: (c) Raphael Becker