Wadersloh (mw/bb). Eine aufregende Woche liegt hinter Anny Kammermann. Aber die Wadersloherin sieht das gelassen. Immerhin hatte sie schon 104. Geburtstage, da ist der 105. ja eigentlich schon Routine. Ein Grund zum Feiern ist der besondere Geburtstag natürlich trotzdem. Im Kreise der Familie feierte die älteste Einwohnerin der Großgemeinde ihr neues Lebensjahr und genoss davon jede einzelne Minute.
Als Anny Kammermann am 15. April 1914 das Licht der Welt erblickte, war noch nicht einmal der 1. Weltkrieg ausgebrochen. Unvorstellbar! Aufgewachsen ist die Jubilarin außerhalb von Wadersloh in der Imkerei Schnitker. Schon in jungen Jahren ging es zur Ausbildung zuerst nach Lippstadt und dann nach Münster. Dort verdiente Anny Kammermann ihr Geld mit dem alten Handwerk des Hutmachens. „Als Kinder bekamen wir zu besonderen Anlässen immer einen Hut von unserer Tante Anny“, erzählt Nichte Mathilde Schnitker und lächelt in Richtung des 105 Jahre alten Familienmitglieds. Der Diamantene Meisterbrief der Handwerkskammer hängt heute in Holz gefasst im Elternhaus. Die rüstige Altersjubilarin selbst lebt seit 1,5 Jahren im Seniorenheim. Bis zum Alter von 102 Jahren lebte sie alleine im eigenen Haushalt in Münster. Nach kurzem Aufenthalt in einer Münsteraner Senioreneinrichtung erfolgte dann nach über 80 Lebensjahren in Münster aber der Umzug zur Familie nach Wadersloh. Und für die hat sich Anny Kammermann an ihrem Ehrentag besonders schick gemacht und war sogar extra noch beim Friseur. Ihr Verlobter fiel im 2. Weltkrieg und auch wenn Anny Kammermann ledig blieb, hat sie in den Kindern ihrer sieben Geschwister eine Ersatzfamilie gefunden. Cousins, Cousinnen, Nichten, Neffen, ehemalige Nachbarn und ein ganze Schar Kinder belebten den außergewöhnlichen Geburtstag.
„Unsere Tante Anny ist schon ein einzigartige Person“, weiß Mathilde Schnitker zu erzählen. „Da meine Eltern früh verstarben, ist sie für mich immer eine Ersatzmutter gewesen.“ Nach dem Eintritt ins Rentenalter engagierte sich Anny Kammermann im Kirchenchor und bereiste Europa. Wie auch im Beruf, ging die 105-Jährige in ihren Hobbies auf und liebt bis heute die Sonne und die frische Luft. Und vor allem liebt sie ihre Familienmitglieder, die selbstverständlich zu Kaffee und Kuchen in den neuen Gemeinschaftsraum des Wadersloher Seniorenheims gekommen waren. Und eine Torte mit den Sahnelettern „105“ sieht man schließlich auch nicht alle Tage.
Fotos/Text: B. Brüggenthies