Gertrud Marcher ist in ihrem Element: Hier wird eine Schleife zurecht gerückt, da der gebackene Palmhahn. Und ein bisschen Buchsbaum zur Deko darf es natürlich auch sein. Die Diestedderin ist die Expertin für den „Diestedder Palmhahn“ – eine Tradition, die es nur im Nikolausdorf Diestedde gibt und seit 100 Jahren zum Palmsonntag dazu gehört, wie der Osterhase zum Osterfest. Einen Tag vor Palmsonntag verwandelte sich das Backhaus an der Kirche in die große Palmhahn-Bastelwerkstatt.
Der Heimatverein Diestedde hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Brauch zu erhalten: „Viele wissen heute gar nicht mehr, wie der Diestedder Palmhahn zusammengebaut wird. Da helfen wir Damen vom Heimatverein gerne aus“, lacht Gertrud Marcher und steckt noch schnell die Buchsbaumzweige in die frischen Backringe. Ein Weidenstock, drei Äpfel, drei Backringe, rote Schleifen, Buchsbaum und oben thronend der stolze Hefe-Backhahn: Fertig ist der Palmhahn „Made in Diestedde“. Sogar bis ins LWL-Museum hat es der stolze Hahn aus dem Nikolausdorf sogar schon geschafft. Das soll man jemand nachmachen. Wird es ja auch – und zwar jedes Jahr zum Palmsonntag. Wenn der Einzug Jesu nach Jerusalem gefeiert wird, leuchten die roten Schleifen der Diestedder Palmhähne in der Sonne mit dem Lächeln der Kinder um die Wette. Die kleinen Baumeister haben schließlich eifrig gebastelt, damit ihr Hahn möglichst noch schöner ist, als der vom Nachbarskind. Nach der Palmweihe, die tradtionell vor dem Seniorenheim Haus Maria Regina zelebriert wird, erfolgt die feierliche Prozession zur Nikolauskirche. Und nach dem Gottesdienst darf der Hahn dann endlich gegessen werden.
Woher genau der spezielle Brauch der Diestedder Palmhähne kommt, ist nicht überliefert: „Schon meine Großeltern haben immer davon erzählt. Möglicherweise geht die besondere Bauweise auf einen Lehrer von Schloss Crassenstein zurück“, vermutet Gertrud Marcher. So oder so: Die Diestedder Tradition lebt fort und wird auch noch viele weitere Generationen erfreuen.
Fotos/Text/Video: Benedikt Brüggenthies