Seit diesem Jahr gibt es für die Schüler und Schülerinnen des Johanneums die Möglichkeit, an einem berufsvorbereitenden Projekt teilzunehmen. Die Initiatorinnen Saskia Kruse, Französischlehrerin am Johanneum, und Renate Kanafani, Deutschlehrerin an der Partnerschule in Dourdan (Frankreich), betreuen jeweils die Schüler an den beiden Schulen.
Die deutschen Schüler verbrachten zuerst einen selbst gewählten Zeitraum (3 Wochen bis 3 Monate) in einer französischen Gastfamilie und besuchten das Lycée Francisque Sarcey in Dourdan (ca.35 km südlich von Paris). Während ihres Aufenthaltes hatten sie die Möglichkeit, international tätige Unternehmen kennen zulernen, die sich bereit erklärt hatten, die ausländischen Schüler im Rahmen eines Praktikums zu betreuen. So können die deutschen Schüler im folgenden Schuljahr ein Praktikum in Frankreich machen und die französischen Austauschpartner in Deutschland.
Saskia Kruse: „Mir war es wichtig, dass die Schüler und Schülerinnen den berufsbezogenen Nutzen der Beherrschung einer Fremdsprache erkennen und wir ihnen die Gelegenheit geben, im Ausland ein Praktikum zu machen. Viele Jugendliche haben nur den deutschen Arbeitsmarkt vor Augen, wenn sie sich beruflich orientieren, doch steht ihnen, wenn sie die fremdsprachlichen Kompetenzen erworben haben, auch der gesamte europäische Arbeitsmarkt zur Verfügung.“
Judith Heuer und Eve Do Espirito Santo haben sich dafür entschieden jeweils 3 Monate an der Partnerschule zu verbringen. Hier schreiben die beiden Schülerinnen über ihre Erfahrungen:
[toggle title=“Judith Heuer“ load=“hide“]Judith Heuer: „Ich bin 16 Jahre alt und komme aus Stromberg. Seit 5 Jahren lerne ich Französisch am Johanneum und besuche die EP (Klasse 10). Ich wollte an dem Projekt teilnehmen, um die französische Kultur besser kennenzulernen und natürlich auch mein Französisch zu verbessern. Ich fand es sehr reizvoll, mehr über den Alltag in Frankreich zu erfahren. Das Projekt ermöglichte es mir außerdem, auch französische Firmen kennenzulernen.
Das Schulsystem in Frankreich ist ganz anders als in Deutschland! Der Unterricht dauert viel länger als hier (bis 17.30 Uhr). So hatte ich leider weniger Zeit für meine Freizeitaktivitäten.
Das Essen in Frankreich hat mich überrascht: abends wurden in der Familie auch einmal Nudeln mit Camembert gegessen wurde. Der Käse in Frankreich hat übrigens auch allgemein einen viel größeren Stellenwert als in Deutschland.
Ein Erlebnis ist mir besonders in Erinnerung geblieben: der Besuch von Versailles mit meiner Gastfamilie. Das Schloss und die Gärten waren riesig und so konnten wir zwar nur einen kleinen Teil besichtigen, aber das war schon sehr beeindruckend!“
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[toggle title=“Eve Do Espirito Santo“ load=“hide“]Eve Do Espirito Santo: „Ich bin 15 Jahre alt und wohne in La Forêt le Roi, einem winzigen Dorf mit ca. 300 Einwohnern in der Nähe von Dourdan. Seit 3 Jahren lerne ich Deutsch. In Frankreich besuche ich die Seconde (vergleichbar mit der Klasse 10) und habe mich für den bilingualen Zweig entschieden, wo wir am Ende sowohl das französische Baccalauréat (Abitur) als auch das deutsche Abitur ablegen.
Ich finde das Projekt sehr interessant, ich könnte mir auch vorstellen in Deutschland zu arbeiten, wenn ich dazu die Möglichkeit hätte.
Zwischen Deutschland und Frankreich gibt es große Unterschiede: die Menschen hier sind offener als in Frankreich und viel hilfsbereiter. Letztes Wochenende war ich mit Judith und ihrer Familie in Appenheim in der Nähe von Mainz, wo wir in einer Straußwirtschaft gegessen haben. Wir haben uns zu fremden Leuten an einen Tisch gesetzt und uns nett unterhalten, das wäre in Frankreich undenkbar.
Das Essen ist sehr lecker: es gibt so viele verschiedene Brotsorten! In Frankreich isst man abends mehr als in Deutschland, doch finde ich es besser, abends nicht so viel zu essen.
Besonders ist mir aufgefallen, dass die Deutschen mehr Wert auf den Umweltschutz legen: die Menschen fahren mehr Fahrrad, es gibt mehr Fahrradwege als in Frankreich oder man geht zu Fuß und nutzt den öffentlichen Nahverkehr, das ist besser für die Umwelt. Auch das System der Mülltrennung ist typisch deutsch. Das gibt es so nicht bei uns.
Es gibt auch mehr Feste als in Frankreich, ein Schützenfest z.B. kennen wir in Frankreich nicht.
Was gefällt mir nicht? Das ist eine gute Frage. Die Tage gehen zu schnell vorbei. Ich finde, dass drei Monate zu kurz sind, um hier zu leben, weil es so viel zu sehen und zu entdecken gibt.
Am Johanneum gehe ich zu Herrn Schlegel in den Kunstunterricht und donnerstags zu Frau Romstadt in den Ateliernachmittag am Johanneum, weil ich in meiner Freizeit gerne male und zeichne. In Stromberg und Oelde gibt es viele lohnenswerte Motive, zum Beispiel die Burgbühne.
Außerdem spiele ich in meiner Freizeit Geige und konnte hier sogar am Schulorchester unter der Leitung von Herrn Thorwesten mitspielen. Ich freue mich schon, am Sommerkonzert am 7. Juli teilzunehmen. Bei der Abiturverabschiedung habe ich auch im Schulorchester mitgespielt. Solche Aktivitäten gibt es in Frankreich nicht an der Schule.
Ich habe mich in Deutschland verliebt, und wenn meine Eltern kommen, werde ich sie bitten, noch einen Tag länger zu bleiben, damit ich ihnen Deutschland – mein Deutschland – zeigen kann.“[/toggle]
Quelle: Johanneum Wadersloh